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Stadt Coburg

21. März 2021

Grußwort zum 30. Multireligiösen Gebet für den Frieden

in der Heiligkreuzkirche

Oberbürgermeister Dominik Sauerteig

Liebe Vertreter der Religionen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Nun sag, wie hast Du´s mit der Religion?“, heißt es in der uns wohl allen bekannten Gretchenfrage aus Gothes Faust. Unsere Antwort, die wir heute hier gemeinsam geben ist eindeutig. Eindeutiger als die Antwort im Original. Vertreter und Angehörige einer Vielzahl von Religionen und Glaubensgemeinschaften haben sich heute zum 30. gemeinsamen multireligiösen Gebet zusammengetan.

Während viele von Ihnen sicherlich regelmäßig an dieser Zusammenkunft teilnehmen, ist es für mich heute zumindest in meiner Funktion als Oberbürgermeister eine Premiere. Aber eine Premiere, an der ich als langjähriger Ministrant und Mitglied einer katholischen Kirchenverwaltung gerne teilnehme. 

Übrigens ebenso gerne wie mein Kollege 3. Bürgermeister Thomas Nowak, der sicher zu den „Stammgästen“ dieser Veranstaltung zählt und dessen beste Grüße ich an dieser Stelle ebenfalls überbringe.

Wir haben bereits viel gehört zum Thema dieser Zusammenkunft „Keiner kann sich allein retten, kein Volk, niemand!“

Dieser im vergangenen Herbst in Rom vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie von vielen Glaubensvertretern unterzeichnete Friedensappell hat für mich als Katholik nicht nur eine christliche Dimension der Nächstenliebe.

Er gibt mir auch in meiner Funktion als Oberbürgermeister der Stadt Coburg Orientierung – und hoffentlich ebenso vielen Entscheidern auf Landes- und Bundesebene, in Europa und der ganzen Welt. Denn nur gemeinsam haben wir eine Chance, die Folgen der Corona-Pandemie bewältigen zu können.

Ich denke da an die Nachbarschaftshilfe. Dass wir unseren Mitbürger*innen Einkäufe mitbringen, wenn sie sich in Quarantäne befinden und damit ihren Beitrag leisten zur Eindämmung der Pandemie.

Ich denke an die Beschäftigten in Medizin und Pflege, die noch viel enger zusammenwachsen mussten, um ihren aufopfernden Dienst an den ihnen Anvertrauten leisten zu können. Und ich nenne auch den Schulterschluss unter den verschiedensten Behörden, ohne den wir die ständigen Herausforderungen dieser Krise nie hätten lösen können.

Aber blicken wir bitte auch über den eigenen Tellerrand hinaus. Hält die allgegenwärtige Diskussion um die Verfügbarkeit von Impfserum im jeweils eigenen Land unserem Anspruch an Nächstenliebe und dem Motto „Keiner kann sich allein retten, kein Volk, niemand!“ stand? Oder sind wir da nicht oft zu kleingeistig und egoistisch – innerhalb der Europäischen Union oder mit Blick auf die Vereinigten Staaten?

Und vergessen wir an dieser Stelle nicht schon wieder die Ärmsten der Armen in den Entwicklungsländern, denen die Möglichkeiten guter Intensivmedizin ja völlig fehlen und die insofern umso mehr auf schnellstmöglichen Impfschutz angewiesen sind?

Ja, nur gemeinsam können wir Krisen – und Kriege – verhindern. Und nur gemeinsam können wir die Folgen von Krisen – und Kriegen – zu mildern versuchen.

Während es aus meiner Sicht friedenspolitisch unsere absolute Verantwortung und Aufgabe ist, jedwede Form von Waffengewalt zu verhindern, bleibt uns in der Corona-Bekämpfung nur die Eindämmung der Pandemie und die Abmilderung ihrer Folgen. Dabei denke ich natürlich auch, aber nicht nur an medizinische Aspekte.

Unsere Aufgabe ist es gerade vor dem Leitbild von Nächstenliebe, niemanden zu vergessen, Teilhabe zu sichern und Entwicklungschancen insbesondere von Kindern und Jugendlichen weiter sicherzustellen.

„Keiner kann sich allein retten, kein Volk, niemand.“ Das ist der Schulterschluss über Nationen und Religionen, Parteien und Überzeugungen hinweg, der uns auch aus dieser Corona-Pandemie herausführen kann.

Ich will mein Grußwort aber auch nutzen, um den Initiatoren hinter dem Multireligiösen Gebet meine Anerkennung, meinen Respekt und den Dank der Stadt Coburg auszusprechen.

Während wir kaum eine Woche, ja kaum einen Tag in den Nachrichten erleben, an dem nicht über Kriege – leider oft mit religiösem Hintergrund - berichtet wird, an dem nicht Gewalt gegen Andersgläubige verübt wird, gehen wir in Coburg auch dank dieser Initiative einen anderen Weg.

In Coburg feiern Religionen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften Gottesdienste zusammen und in gegenseitigem Respekt. Natürlich gibt es auch bei uns Unterschiede im Glauben. Doch wir stellen ein einendes Element in den Vordergrund: Die Achtung vor dem Andersdenkenden. Toleranz und Nächstenliebe sind die Schlüsselwörter, die Werte, um die es dabei geht. Und um unser alltägliche Verhalten, das sich auf Basis dieser Werte entwickelt.

Ob Christentum, ob Judentum, ob Islam, ob Buddhismus – sie alle sind fester Bestandteil unserer Gesellschaft in Coburg. Sie alle bereichern uns. Sie alle sorgen dafür, dass „Coburg ist bunt“ mehr ist als nur eine hohle Phrase.

Für dieses Wirken danke ich im Namen der Stadt Coburg und aller Bürgerinnen und Bürger. 

Und ich danke Ihnen vor allem auch im Namen meines Bürgermeister-Kollegen Thomas Nowak, der als Sozialreferent seit Jahren dafür sorgt, dass unser Integrationskonzept weiterentwickelt und vor allem gelebt wird.

Das gemeinsam Beten und das gemeinsame Feiern sind dabei wichtige Bausteine. Wer lange genug und immer wieder in Frieden und in Freundschaft aufeinander zugeht und Nächstenliebe vorlebt, der bereitet mit all diesem Tun auch für uns alle den Boden für Toleranz und Offenheit gegenüber Andersdenkenden und Andersgläubigen – und leistet damit einen wichtigen Beitrag, dass Auseinandersetzung erst gar nicht eskalieren und schlussendlich in Waffengewalt münden.

Dabei dürfen wir alle nicht die Augen verschließen vor den Problemen und Herausforderungen, die wir noch zu bewältigen haben – vor unserer eigenen Haustür, in Coburg und in der ganzen Welt.

In diesem Sinn ist das 30. Multireligiöse Gebet heute ein guter Zeitpunkt, das Gute ebenso zu würdigen wie Schulterschluss zu versprechen, um ein friedliches Miteinander auf Dauer sicherzustellen.

Herzlichen Dank für Ihr Engagement heute und in Zukunft. Möge dieser Einsatz für unsere Bürgerschaft, für Miteinander und Füreinander, für Gemeinschaft und für Wärme in unserem Zusammenleben auch in Zukunft nicht nachlassen!