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Stadt Coburg

OB Dominik Sauerteig

Statement OB Sauerteig Pressekonferenz 16. Mai 2025

Sehr geehrte Damen und Herren,
auch von mir ein herzliches Willkommen.

Ich will anknüpfen an den Regierungspräsidenten.
Vielen Dank zunächst Herr Regierungspräsident!
Für Ihre Ausführungen und die Darstellung des Kompromisses, den wir alle gemeinsam, vor allem die Vertreter des Stadtrates und ich als Oberbürgermeister, in den vergangenen Wochen durch viele gute, konstruktive, aber auch hart in der Sache geführte Gespräche auf den Weg gebracht haben. Aber vor allem auch dafür, dass Sie dieses Vermittlungsverfahren ermöglicht und beauftragt haben. So wurde der Weg freigemacht, um endlich Mobilität im Coburger Süden in ihrer Vielschichtigkeit zu berücksichtigen. Und, um eine überdimensionierte Planung aus 2019, die nicht den Vorgaben des Stadtrats aus 2016 entsprochen hat, endgültig für überholt zu erklären. Es gab nämlich gute Gründe diese Voruntersuchung abzulehnen. Auch wenn die Gegner der bisherigen Planung dafür häufig überzogener und ungerechtfertigter Kritik ausgesetzt waren.

Seit vielen Jahren, sogar Jahrzehnten, wird mal mehr, mal weniger intensiv über die Verkehrssituation im Streckenabschnitt Weichengereuth der B4 diskutiert. Häufig mit zur alleinigen Wahrheit erhobener Meinung und seltener mit Fakten. Das ist schade, denn der Coburger Stadtrat – mich eingeschlossen – hat sich immer offen für Lösungsmöglichkeiten gezeigt, war stets bereit, sinnvolle Lösungen anzugehen und mitzutragen. Soviel aber zur Vergangenheit. Wir wollen nach vorne blicken.
Nun endlich, nach Jahrzehnten des Ringens, sind wir hier, um ein rundes Gesamtprojekt allumfassender Mobilität vorzustellen. Ich will mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Akteuren bedanken: allen voran RP Florian Luderschmid und MdL Jürgen Baumgärtner sowie den umsichtig agierenden Blaupuls-Mediatoren Natascha Kohnen und Holger Reise, die in guter Atmosphäre sehr geholfen haben diesen Kompromiss zu finden, weil Sie die berechtigten Anliegen auch der kritischen Geister nicht einfach beiseite gewischt haben.

Wir stellen heute ein parteiübergreifendes städtisches Gesamtprojekt, dass die politischen Diskussionen um die Grundzüge des Weichengereuth und im Coburger Süden, hoffentlich beendet. Auch wenn ich natürlich weiß, dass dieses Gesamtprojekt nicht bei allen auf Zufriedenheit stoßen wird. Vermutlich auch nicht bei allen Anwohnern. Wichtig ist mir daher folgende Feststellung: Weitgehend auch der Hartnäckigkeit der Anwohner haben wir es zu verdanken, dass wir überhaupt über diesen Kompromiss aushandeln konnten. Und dass wir nun den Weg hin zu einer Lösung mit hohem Mehrwert für alle Menschen in und um Coburg gefunden haben.

Deshalb will mich bei den Anwohnern auch hier noch einmal von Herzen bedanken: Danke für Ihr Engagement. Danke für Ihre Hartnäckigkeit und Danke auch für Ihre große Gesprächs- und hoffentlich auch Kompromissbereitschaft. Mir war es daher ein wichtiges Anliegen gestern Abend zunächst die Anwohner direkt zu informieren. Vielen Dank auch für dieses Gespräch! Ich kann hier auch einige Anregungen schon mitgeben: Ausgleichsmaßnahmen für Klimafolgenanpassung im Hitzehotspot Coburger Süden und Flüsterasphalt wären aus Sicht der Anwohner sehr notwendig. Und natürlich gab es auch laute Stimmen einfach alles beim Status Quo zu belassen, weil aus Sicht derjenigen, die dort leben kein Verkehrsproblem besteht. Für diese Haltung habe ich Verständnis.

Vor dem Hintergrund einer durch die Stadtpolitik zu treffenden Abwägungsentscheidung ist das Gesamtpaket aus meiner Sicht aber schlicht zu gut, um es abzulehnen. Und das ist ein gemeinsamer Erfolg. Derjenigen, die NEIN zur 2019er Planung gesagt haben und derjenigen, die den Ausbau weiter gefordert haben. Nur durch beide Positionen konnte diese Lösung von so hohem Mehrwert nun entstehen. Das Gesamtpaket nimmt kaum mehr Fläche ein als die in meinem Auftrag durch die Stadt Coburg ausgearbeitete dreistreifige Ausbauvariante.

Eine zentrale Rolle bei der Zukunft der Mobilität nimmt nun auch der Personenschienenverkehr ein. Gerade die hervorragend angenommene ICE-Verbindung nach Berlin und München, aber auch der lang geforderte und nun endlich eingerichtete RE auf der Neubaustrecke nach Erfurt machen Coburg zu einem wichtigen Bahnhaltepunkt. Um diesen zu stärken wird die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit zwischen Bahnhof und Weichengereuth angegangen. Und damit ein Fehler der Vergangenheit korrigiert.
Zudem wird die Trennung der Stadt durch die B4 durch die Errichtung einer Fußgänger- und Radfahrer-Brücke über das Weichengereuth verringert. Gerade in den Sommermonaten wird das ein wichtiger Baustein sein hin zu weniger motorisiertem Individualverkehr innerhalb der Stadt.

Die Coburger Südzufahrt als Brückenbauwerk der 70er Jahre ist dringend sanierungsbedürftig. Diese Notwendigkeit verknüpfen wir mit der Verwirklichung eines durch den Bund finanzierten Vollanschlusses an das Weichengereuth und entlasten so auch die Bamberger Straße und die Frankenbrücke und schaffen auch für Industrielogistik gute An- und Abfahrten. Wer vom Coburger Süden oder Coburger Osten in den Coburger Norden will, der wird, wenn alles klappt, zukünftig über die Südzufahrt auf das Weichengereuth und damit die B4 einfädeln können. Bezahlt und unterhalten vom Bund. Und auch vom Ahorner Berg kommend wird man dann ohne große Umwege weiter direkt in den Coburger Süden und Osten kommen.

Das macht es erforderlich, dass wir die Bestandsituation im Weichengereuth gemäß dem Bundesverkehrswegeplan verändern. Aber: Wir begrenzen den Platzbedarf der B4 auf das Notwendigste und vermeiden an vielen Stellen massive Eingriffe in Privateigentum. Das wird durchaus auch von Teilen der Anwohner als Erfolg anerkannt. Und ja, auch das ist ein Erfolg der Anwohner, die immer vollkommen berechtigt auf die Maßlosigkeit beim Flächenverbrauch hingewiesen haben. Um gleichwohl einen übermäßigen Verkehrsanstieg zu begegnen wird zukünftig auf der B4 im gesamten Stadtgebiet die Regelgeschwindigkeit 50 km/h gelten. Fest installierte Blitzer runden das Paket ab.

Alles in allem haben wir nun ein rundes Gesamtpaket mit Mehrwert - finanziell und infrastrukturell - für die Stadt Coburg bei allen Formen der Mobilität. Zusammengefasst: Was jetzt vorliegt, ist ein substanziell neuer Vorschlag! Wir ertüchtigen nicht alleine die B4, sondern wir betten diese Maßnahme in ein Gesamtpaket für alle Verkehrsträger ein, wir verbessern die Infrastruktur für Schiene und Straße sowie Radverkehr und Fußgänger. Der Coburger Verkehrskompromiss schafft einen Rahmen, in dem wir jetzt weiter arbeiten können und müssen.

Viele Detailfragen sind noch offen, die im Vermittlungsverfahren nicht beantwortet werden konnten. Für viele Schritte brauchen wir erst einmal Machbarkeitsstudien und Voruntersuchungen. Für die Südzufahrt mit Vollanschluss haben Baureferent Peter Cosack und ich bereits eine Studie in Auftrag gegeben. Zu den offenen Fragen gehört auch zum Beispiel, wie wir die Knotenpunkte auf der B4 gestalten: Stichwort Ahorner Berg mit Zufahrt zu den Schützen, Samuel-Schmidt-Str. und Kleine Rosenau. An welchen Stellen Linksabbiegen möglich sein soll, welche Aufweitungen der Straße wir dafür brauchen und wo Ampeln notwendig sind. Das wird noch zu klären sein.
Mein Wunsch ist, dass die zuständige staatliche Verwaltung dazu verschiedene Varianten vorlegt, über die wir dann im Coburger Stadtrat beraten können. Natürlich auch unter angemessener Berücksichtigung der Landkreisinteressen. Denn anders als vielfach unterstellt kreist die Coburger Stadtpolitik nicht ausschließlich um sich selbst, sondern Sie wir ihrer oberzentralen Rolle häufig mit großem finanziellen Aufwand auch für die Bürgerinnen und Bürger der Region gerecht. Sinn macht es sicher auch im weiteren Verfahren, den Coburger Stadtrat insgesamt enger einzubinden, als es in den Jahren 2016-2019 getan wurde. Und auch die Bürgerinnen und Bürger. Am Ende konnten wir lediglich Ja oder Nein sagen zu einer fertigen Voruntersuchung. Das sollte diesmal besser gemacht werden.

Ich bitte Sie, lieber Herr Regierungspräsident hier mit dem staatlichen Bauamt die notwendige Offenheit zu besprechen. Für die Stadt Coburg, dies sicherlich auch nicht immer ein bequemer Partner ist, sage ich diesen offenen und konstruktiven Dialog als Oberbürgermeister gerne zu. Meine Einschätzung ist, dass wir sicherlich eine intelligent gesteuerte Ampel brauchen werden. Die vielleicht auch nur in den Spitzenstunden eingreift und den Fokus ganz klar auf den Verkehrsfluss im Weichengereuth legt. Notwendig ist auf jeden Fall auch Flüsterasphalt, wie auf der B4 nördlich der Frankenbrücke. Und Klimafolgenpassungen. Ich teile hier die Haltung der Anwohner.

Der Coburger Verkehrskompromiss ist aber nicht nur verkehrlich sinnvoller als alles bisher Diskutierte, sondern auch gut für die finanzielle Handlungsfähigkeit als Stadt. Die Südzufahrt geht dem Ende ihrer Lebensdauer entgegen. Wenn wir sie durch einen Neubau mit gleicher Funktion ersetzen, müssten wir das vollständig aus dem Coburger Haushalt bezahlen. Und Geld ausgeben, dass uns dann für andere Investitionen fehlt: bei Kitas, Schulen, Feuerwehr, Landestheater oder anderen wichtigen Projekten. Eine neue Südzufahrt mit Vollanschluss kann dagegen aus Bundesmittel bezahlt werden, die Baulast wird dann dauerhaft auf den Bund übergehen. Damit entlastet der Kompromiss Coburg finanziell sehr deutlich. Auch für die Rad- und Fußgängerbrücke gibt es ein Förderprogramm des Bundes, das bis zu 75 Prozent der Maßnahme finanziert. Vielleicht klappen ja sogar 100 Prozent. Das Infrastruktur-Sondervermögen, das die neue Bundesregierung auf den Weg bringt, erleichtert die Finanzierung all dieser Maßnahmen. Diese Chancen wollen wir nutzen.

Deshalb kommt der Coburger Verkehrskompromiss genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich bedanke mich daher schon jetzt bei den Vertretern der die Bundesregierung tragenden Fraktionen CDU/CSU und SPD, dass wir gemeinsam agieren. Ich setze aber natürlich auch auf die Unterstützung aus der grünen Opposition im Bund. Und eines ist mir abschließend auch noch sehr wichtig: Das Vermittlungsverfahren hatte zwangsläufig einen informellen Charakter. Deshalb werden wir selbstverständlich auch die offiziellen Gremien der Stadt damit im vorgesehen Verfahren befassen. Der Stadtrat wird den Kompromiss als Gesamtpaket, alle Bausteine hängen zusammen und sind gemeinsam zu verwirklichen, in einer seiner nächsten Sitzungen beraten und hoffentlich mehrheitlich darüber Beschluss fassen. Priorität hat aus meiner Sicht die Verwirklichung des Bausteins Südzufahrt.

Manche werden aus echter Begeisterung zustimmen, manche aus Verantwortungsbewusstsein und unter Zurückstellung eigener persönlicher Bedenken und Vorstellungen. Zum Wohl unserer Stadt. Manche aus einer Zwischenstufe. Und auch in den weiteren Schritten, wenn neue Planungen vorliegen, werden die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Coburger Bevölkerung selbstverständlich in die Entscheidungsfindung einbezogen. Der Verkehrskompromiss ist gut für Coburg.

Ich freue mich, dass er so viele Unterstützerinnen und Unterstützer findet und sich eine breite Mehrheit im Stadtrat abzeichnet. Vielleicht kann das auch ein Beispiel geben für Kompromissfindung in der Coburger Kommunalpolitik und darüber hinaus. Denn gerade in Krisenzeiten ist Kompromissfähigkeit elementar für unsere Demokratie. Jetzt kommt viel Arbeit auf uns zu. Auch die nächsten Schritte müssen wir gemeinsam umsetzen – in Coburg, im Freistaat und im Bund.

Denn am Ende hängt die Umsetzung auch von der Erfüllung aller einzelnen Bausteine ab. Das habe ich ja schon betont. Und dafür müssen einige Bretter noch gebohrt werden. Dicke Bretter. Heute ist dafür der Startschuss. Und weil diesen MdL Jürgen Baumgärtner maßgeblich mit ermöglicht hat, übergebe ich an ihn und bedanken mich nochmals ganz herzlich auch für den offenen, ehrlichen und konstruktiven Austausch unter uns beiden. Und für die Unterstützung in der Vergangenheit und Zukunft.

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