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Stadt Coburg

Stolperstein

Meyer Levenbach

Inhalt

  1. Biographie
  2. Jugendjahre
  3. Leben in Coburg
  4. Wachsender Antisemitismus
  5. NS-Zeit
  6. Deportation und Tod
Verlegeort des Stolpersteins

Biographie

Stolperstein für Meyer Levenbach (ki-bearbeitet)

Meyer Levenbach kam am 15. März 1876 in Bornheim im heutigen Nordrhein-Westfalen zur Welt.[1]  Sein Vater, der Handelsmann Jacob Levenbach, wurde am 21. Dezember 1828 in Weisweiler (Königreich Preußen), seine Mutter Amalie Levenbach, geborene Meyer, am 28. September 1839 in Bornheim geboren. Meyer hatte 14 Geschwister, die zwischen 1864 und 1883 in Bornheim zur Welt kamen. Darunter befand sich auch die Zwillingsschwester von Meyer, Wilhelmine Levenbach.[2] 

Jugendjahre

Meyer Levenbach wurde in die jüdische Gemeinde Bornheims hineingeboren, die sich im 19. Jahrhundert aus mehreren lokalen Teilgemeinden zusammensetzte und ihre Blütezeit um 1874 erlebte. Die Gemeinde verfügte über eine Synagoge, eine Religionsschule und einen Friedhof, was auf ein gefestigtes religiöses Leben hinweist.[3] Levenbach besuchte die Schule vor Ort und feierte 1889 seine Bar Mitzwa – ein bedeutender religiöser Übergangsritus –, vermutlich in der neu erbauten Synagoge. Im selben Jahr erlitt er einen persönlichen Verlust durch den Tod seiner Mutter.[4] Zu dieser Zeit war er bereits beruflich als Metzger tätig, ein Beruf mit besonderer Relevanz im jüdischen Kontext.[5] Sein Leben steht exemplarisch für die Erfahrungen jüdischer Familien im 19. Jahrhundert: geprägt von religiöser Verwurzelung, gesellschaftlichen Herausforderungen und dem Spannungsfeld zwischen rechtlicher Emanzipation und sozialer Ausgrenzung.

Leben in Coburg

Wohnhaus der Familie Levenbach in der Spitalgasse

Im Jahr 1901 zog Meyer Levenbach nach Coburg, wo er in der Judengasse 36 eine koschere Metzgerei eröffnete.[6] Solche Betriebe nahmen innerhalb jüdischer Gemeinden eine zentrale Rolle ein: Sie stellten die Versorgung mit Fleisch sicher, das gemäß den jüdischen Speisegesetzen (Kaschrut) geschlachtet und verarbeitet wurde. Aufgrund der strengen religiösen Vorschriften war eine solche Metzgerei nicht nur ein Wirtschaftsbetrieb, sondern Ausdruck religiöser Praxis und kultureller Identität. Darüber hinaus diente sie vielen Gemeindemitgliedern als Ort sozialer Begegnung.

Neben seiner beruflichen Etablierung gründete Levenbach eine Familie. Er heiratete in Nordheim vor der Rhön Sabine Baum (Öffnet in einem neuen Tab) (geb. am 9. Dezember 1876), Tochter des Handelsmanns Aaron Baum und dessen Ehefrau Bertha, geb. Blechner.[7] Aus der Ehe ging eine Tochter hervor: Martha, geboren am 20. April 1904.[8]

In den folgenden Jahren erweiterte Meyer Levenbach seine geschäftlichen Aktivitäten um eine Viehhandlung. Damit nutzte er die sich verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Zeit: Die fortschreitende Industrialisierung führte zu einem starken Bevölkerungszuwachs in urbanen Räumen, wodurch der Bedarf an Nahrungsmitteln deutlich anstieg. Auch die Stadt Coburg reagierte auf diese Entwicklungen und hatte bereits 1880 einen städtischen Schlachthof errichten lassen.[9] Die Ansiedlung von Viehhandel und fleischverarbeitenden Betrieben wurde städtisch unterstützt, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Levenbachs unternehmerisches Handeln fügte sich in diesen Kontext ein. 1909 erwarb er das Haus Spitalgasse 4, wohin er seine Metzgerei verlegte.[10] Die Spitalgasse war zu dieser Zeit das zentrale Einkaufsgebiet der Stadt. Der Standortwechsel lässt sich daher als ein Hinweis auf geschäftlichen Erfolg und zunehmende öffentliche Präsenz deuten.

Über seinen wirtschaftlichen Erfolg hinaus engagierte sich Levenbach im Berufsstand. Er wirkte 1910 als Beisitzer und 1914 als Vorsitzender bei der Meisterprüfung im Fleischerhandwerk, ein Amt, das auf fachliche Anerkennung und Integration in lokale Handwerksstrukturen hinweist – in einer Zeit, in der jüdische Handwerker nicht immer selbstverständlich Zugang zu Innungen und Prüfungsämtern erhielten. Zudem war er Vorsitzender des Coburger Viehhändlervereins.[11] Auch auf kultureller Ebene war er aktiv: 1913 nahm er an der Coburger Kochkunstausstellung teil und wurde dort mit einem Ehrenpreis und einer Goldmedaille ausgezeichnet.[12]

Während des Ersten Weltkriegs beteiligte sich Levenbach an verschiedenen Spendenaktionen: 1917 unterstützte er die sogenannte Hindenburg-Spende mit 10 Mark.[13] 1923 beteiligte er sich an der Nationalspende für das Ruhrgebiet mit einem inflationsbedingt hohen Betrag von 15.000 Mark.[14] Im Jahr 1928 stellte er sein Auto für eine Ausfahrt mit kriegsversehrten Personen zur Verfügung[15] – eine Form bürgerschaftlicher Unterstützung, die sowohl karitativen Charakter hatte als auch öffentliche Anerkennung nach sich zog.

Wachsender Antisemitismus

Zeitunganzeige der Viehhandlung Levenbach

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs veränderte sich die gesellschaftliche Situation für die jüdische Bevölkerung in Coburg spürbar. In der von politischen Umbrüchen und wirtschaftlicher Not geprägten Nachkriegszeit nahmen antisemitische Stimmungen deutlich zu. Teile der nichtjüdischen Bevölkerung machten – gestützt durch antisemitische Presseberichte, Flugblätter und politische Propaganda – jüdische Mitbürger pauschal für die militärische Niederlage und die nachfolgenden Krisen verantwortlich. Ab 1919 trugen nationalistische und völkisch-antisemitische Gruppierungen durch öffentliche Kampagnen zur weiteren Verbreitung solcher Ressentiments bei. Diese antisemitische Mobilisierung fand in Coburg früh Anschluss an die sich radikalisierende politische Landschaft, in der die NSDAP bereits in den 1920er-Jahren erheblichen Einfluss gewann.

Der wachsende Einfluss des Nationalsozialismus in der Stadt mündete in einer ersten Eskalationsphase nach dem kommunalpolitischen Machtgewinn der NSDAP im Jahr 1929. In dieser Zeit kam es verstärkt zu Übergriffen auf jüdische Geschäftsinhaber, zu Sachbeschädigungen, Einschüchterungen und physischen Angriffen auf Einzelpersonen. Diese Taten blieben in vielen Fällen ohne strafrechtliche Konsequenzen. Mitglieder der jüdischen Gemeinde versuchten, sich mit rechtlichen Mitteln – etwa durch Anzeigen und Klagen – gegen die Angriffe zur Wehr zu setzen. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus und der mangelnden Unterstützung durch lokale Behörden hatten diese Bemühungen jedoch nur begrenzte Wirkung.

Die steigende Bedrohung führte dazu, dass viele jüdische Familien Coburg bereits vor 1933 verließen. Während die Gemeinde 1925 noch 316 Mitglieder zählte, war ihre Zahl bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten auf 233 gesunken. Dieser Rückgang war Ausdruck wachsender gesellschaftlicher Ausgrenzung und persönlicher Verunsicherung – nicht allein demografischer Entwicklung.[16]

Auch Meyer Levenbach war früh Ziel antisemitischer Anfeindungen. Bereits 1921 wurde er in einer Veröffentlichung des antisemitisch-nationalistischen Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes namentlich diffamiert. Ihm wurde vorgeworfen, durch geschäftliche Kontakte zu Abraham Friedmann (Öffnet in einem neuen Tab), dem Generaldirektor der Fleischwarenfabrik Großmann, persönliche wirtschaftliche Vorteile erlangt zu haben.[17] Solche Vorwürfe basierten nicht auf überprüfbaren Fakten, sondern dienten dazu, das gängige antisemitische Stereotyp des „geschäftlich skrupellosen Juden“ zu bedienen. Konkrete Übergriffe auf Levenbach sind aus dieser Zeit zwar nicht belegt, doch spiegeln die Angriffe in der Öffentlichkeit den wachsenden Druck, unter dem jüdische Unternehmer bereits in der frühen Weimarer Zeit standen.

NS-Zeit

Boykott der Viehhandlung Levenbach am 1. April 1933

Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 verschärfte sich die Lage für die jüdische Bevölkerung in Deutschland rasch – auch in Coburg: Bereits im März 1933 wurde Meyer Levenbach von Angehörigen der SA festgenommen, die als sogenannte „Hilfspolizei“ zur Unterstützung der städtischen Polizei eingesetzt worden waren.[18] Die sogenannte „Schutzhaft“, in die er genommen wurde, diente nicht dem Schutz der Festgenommenen, sondern war ein außerrechtliches Instrument zur Einschüchterung, Misshandlung und Ausschaltung politischer Gegner und jüdischer Bürger. Sie war Teil der frühen nationalsozialistischen Gewaltpraxis und bildete den Übergang von staatlicher Diskriminierung zu systematischer Verfolgung.

Levenbach wurde in das Gebäude der Stadtpolizei in der Rosengasse gebracht, das zu dieser Zeit als inoffizieller Haft- und Folterort – im lokalen Sprachgebrauch als „Prügelstube“ bekannt – genutzt wurde. Dort erlitt er körperliche Misshandlungen. Zudem wurde ihm ein Bargeldbetrag von 500 Reichsmark abgenommen.[19] Diese Gewaltmaßnahmen zielten nicht nur auf individuelle Demütigung, sondern auch auf die Zerstörung wirtschaftlicher Existenzen. Seine Ehefrau Sabine Levenbach wandte sich mehrfach an die Stadtverwaltung mit der Bitte um Freilassung ihres Mannes – auch mit Verweis auf die wirtschaftliche Notlage der Familie –, blieb jedoch erfolglos.[20]  Erst Anfang April 1933 wurde Meyer Levenbach aus der Haft entlassen.[21]

Bereits am 1. April 1933 war es auf Reichsebene zu einem von der NSDAP organisierten Boykott jüdischer Geschäfte gekommen. Levenbachs Viehhandlung war davon direkt betroffen.[22] Seine Metzgerei hatte er bereits 1926 aufgegeben.[23] Trotz des Boykotts konnte der Betrieb zunächst weitergeführt werden. Hintergrund war unter anderem, dass jüdische Viehhändler in Franken eine wirtschaftlich bedeutende Stellung innehatten, da sie über langjährige Handelsbeziehungen und spezialisierte Netzwerke verfügten. Zwischen 1933 und 1935 stiegen Levenbachs Umsätze sogar von 57.902 auf 83.122 Reichsmark – ein Hinweis auf wirtschaftliche Kontinuitäten trotz beginnender Ausgrenzung.[24] Diese Entwicklung war jedoch nur temporär und stand im Widerspruch zur langfristigen Zielsetzung der Nationalsozialisten, jüdische Existenzen systematisch zu zerstören.

Nach einer Phase relativer Zurückhaltung physischer Gewalt kam es ab 1935 zu einer juristisch und wirtschaftlich zunehmend strukturierten Ausgrenzung. Mit der Einführung der Nürnberger Gesetze im September 1935 wurde eine neue rechtliche Grundlage zur systematischen Diskriminierung geschaffen. Juden wurden nun staatlich definiert und aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. 

In Coburg versuchte die Stadtverwaltung parallel, den jüdischen Viehhandel vollständig zu unterbinden. Dies führte zur vorübergehenden Entziehung der Gewerbescheine. Auch Levenbach verlor im Herbst 1935 seine Handelserlaubnis. Nach Protesten jüdischer Händler beim Regierungspräsidium in Bayreuth – zuständig für den Regierungsbezirk Oberfranken – wurde die Maßnahme teilweise revidiert. Drei jüdische Viehhändler, darunter Levenbach, erhielten ihre Erlaubnis zurück, mussten den Handel jedoch unter scharfen Auflagen und ständiger Kontrolle fortführen. Bei geringsten formalen Verstößen drohten erneut Konzessionsentzug oder erneute Inhaftierung.[25] Levenbach führte sein Geschäft noch bis 1938 weiter. In den letzten Jahren häuften sich jedoch Verluste: Seit 1935 schrieb das Unternehmen jährlich ein Defizit von über 2.000 Reichsmark, was letztlich zur Geschäftsaufgabe führte.[26]

Am 10. November 1938 war Levenbach erneut Ziel massiver antisemitischer Gewalt im Rahmen der reichsweiten Novemberpogrome. In Coburg wurden jüdische Bürger aus ihren Wohnungen geholt, öffentlich durch die Straßen getrieben und auf dem Marktplatz zur Schau gestellt.[27] Während Frauen und Kinder in ihre Wohnungen zurückkehren mussten, wurden die Männer zunächst in die Angerturnhalle gebracht. Von dort aus sollten 16 von ihnen in das Konzentrationslager Dachau deportiert werden. Aufgrund der Überfüllung wurde ein Teil der Verhafteten, darunter möglicherweise auch Meyer Levenbach, stattdessen in das Gefängnis nach Hof (Saale) gebracht.[28]  Ob Levenbach tatsächlich zu dieser Gruppe gehörte, lässt sich auf Grundlage der aktuellen Quellenlage nicht mit Sicherheit feststellen.

Kurz nach den Pogromen sah sich Levenbach gezwungen, sein Haus in der Spitalgasse zu verkaufen. Der Kaufvertrag mit Albin Brenner wurde am 12. November 1938 abgeschlossen. Der vereinbarte Preis lag mit 49.000 Reichsmark deutlich unter dem behördlich festgelegten Schätzwert von 62.000 Reichsmark. Der Verkauf unter Wert ist im Kontext der sogenannten „Arisierung“ zu sehen – der systematischen Enteignung jüdischer Bürger durch wirtschaftlichen und politischen Zwang. Der endgültige Verkaufsbeschluss wurde am 17. Mai 1939 vom Regierungspräsidenten genehmigt. Der Kaufpreis musste auf ein Sperrkonto bei einer Devisenbank eingezahlt werden, über das nur mit Genehmigung der Devisenstelle Nürnberg verfügt werden durfte. Zudem wurde ein Wohnrecht für die jüdische Vorbesitzerfamilie ausdrücklich untersagt. Die entstehenden Notar- und Abwicklungskosten mussten Verkäufer und Käufer gemeinsam tragen.[29] Der Vorgang steht exemplarisch für die systematische Entrechtung jüdischer Eigentümer zugunsten nichtjüdischer Käufer.

Trotz des Verkaufs blieb Levenbach zunächst im Haus wohnen. Im weiteren Verlauf wurden dort auch andere jüdische Bürger zwangsweise einquartiert, sodass sich das Anwesen zu einem sogenannten „Judenhaus“ entwickelte. Diese Unterkünfte dienten der gezielten sozialen Isolierung, erleichterten Überwachung und sollten die spätere Deportation logistisch vorbereiten. Levenbach lebte dort unter beengten Verhältnissen gemeinsam mit anderen jüdischen Familien. Parallel dazu wurde er zur Zwangsarbeit verpflichtet und musste in der Porzellanfabrik Griesbach arbeiten[30] – eine Maßnahme, die im Rahmen der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik auf wirtschaftliche Ausbeutung jüdischer Arbeitskraft vor der geplanten Deportation abzielte.

Deportation und Tod

Einwohnermeldekarte von Meyer und Sabine Levenbach

Am 27. November 1941 wurden Meyer Levenbach und seine Ehefrau Sabine gemeinsam mit 23 weiteren Juden deportiert oder, wie es in der Tarnsprache der Nationalsozialisten hieß, "evakuiert".[31] Diese Maßnahme war Teil einer reichsweit koordinierten Deportationswelle, die ab Herbst 1941 einsetzte. Sie markierte den Übergang von Diskriminierung und Entrechtung zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und den besetzten Gebieten.

Die Deportationen dieser Phase waren kein gesetzlich legitimierter Akt, sondern wurden auf Grundlage interner Befehle und Verwaltungsanweisungen durch das Reichssicherheitshauptamt sowie durch das Reichsverkehrsministerium, das Reichsinnenministerium und die Reichsbahn organisiert. Vorausgegangen war am 23. Oktober 1941 ein Ausreiseverbot für alle Juden aus dem Deutschen Reich – ein administrativer Schritt, der das Ende jeder legalen Auswanderungsmöglichkeit bedeutete. Am 4. November folgte eine interne Anordnung, wonach die Transporte in Lager in den besetzten Ostgebieten durchgeführt werden sollten.[32] Damit begann die systematische Deportation aus deutschen Städten.

Meyer und Sabine Levenbach wurden zunächst nach Nürnberg gebracht und von dort aus mit einem Sammeltransport nach Riga verschleppt. Für die Deportation wurde ihnen ein Betrag von 60 Reichsmark in Rechnung gestellt – eine Maßnahme, die Bestandteil der bürokratisch organisierten Verfolgung war. Die Bedingungen während der mehrtägigen Fahrt waren äußerst menschenunwürdig: Die etwa 1.010 Deportierten wurden in überfüllten, unbeheizten Güterwagen untergebracht, ohne ausreichende Verpflegung oder medizinische Versorgung. Zeitzeugenberichten zufolge erhielten sie auf der gesamten Strecke lediglich zweimal Zugang zu Wasser.[33]  Viele erkrankten bereits während des Transports.

Am 2. Dezember 1941 erreichte der Transport das Lager Jungfernhof bei Riga.[34] Das Lager befand sich auf einem ehemaligen landwirtschaftlichen Gut, das die SS notdürftig in ein Internierungslager für aus dem Deutschen Reich deportierte Juden umfunktioniert hatte. Die dortigen Bedingungen waren katastrophal: Die Inhaftierten mussten in ungeheizten Scheunen und Ställen übernachten, oft ohne Betten, Decken oder ausreichende Kleidung. Bis Januar 1942 stieg die Zahl der Gefangenen im Lager auf rund 4.000 Personen. Aufgrund von Seuchenausbrüchen, Unterernährung und Kälte starben im Winter 1941/42 Schätzungen zufolge bis zu 900 Menschen. Ab Januar 1942 begann die SS, gezielt kranke und geschwächte Gefangene zu selektieren, zu erschießen und in Massengräbern zu verscharren. Jungfernhof war damit nicht nur ein Ort systematischer Vernachlässigung und Gewalt, sondern Teil des organisierten Terrors gegen die deportierte jüdische Bevölkerung.[35]

Über den weiteren Verbleib von Meyer Levenbach liegen keine gesicherten Informationen vor. Mit der Ankunft im Lager Jungfernhof verliert sich seine Spur. Aufgrund fehlender Unterlagen ist ein genaues Todesdatum nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass er dort unter den genannten Bedingungen ums Leben kam.

Das Vermögen des Ehepaares – wie das vieler Deportierter – beschlagnahmt. Die auf etwa 1.115 Reichsmark bezifferten Vermögenswerte, bestehend aus Haushaltsgegenständen, Schmutzsilber und einem Bankguthaben, fielen an das Deutsche Reich. Grundlage dafür war eine Anordnung des Reichsfinanzministeriums aus dem November 1941, die unter dem Tarnnamen „Aktion 3“ firmierte.[36] Ziel dieser Maßnahme war es, das Eigentum deportierter und ermordeter Juden systematisch zu erfassen und dem Staat zuzuführen. Diese Form der wirtschaftlichen Ausplünderung war integraler Bestandteil der NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik. Schließlich wurde Meyer Levenbach am 19. März 1942 ausgebürgert.[37]

Quellen- und Literaturverzeichnis

[1]   Stadtarchiv Coburg, Einwohnerkartei, Levenbach, Meyer und Sabine. 

[2]   Gabriele Rogmann / Horst Matzerath (Hrsg.), Die Jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Köln. Gedenkbuch, Köln 1995, S. 295.  

[3]   Bornheim (Nordrhein-Westfalen), in: Klaus-Dieter Alicke, Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum (https://www.xn--jdische-gemeinden-22b.de/index.php/gemeinden/a-b/449-bornheim-nordrhein-westfalen), aufgerufen am 11.07.2025. 

[4]   Stadtarchiv Bornheim, Sterberegister 1889, Nr. 48 vom 15.04.1889. 

[5]   Ebd. 

[6]   "Coburger Zeitung" vom 14.10.1926; Siehe auch: Christian Boseckert, Eine Straße erzählt Coburgs Geschichte. Aus der Vergangenheit der Judengasse und deren Bewohner, Coburg 2008 (= Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft Coburg 22), S. 113ff. 

[7]   Stadtarchiv Coburg, Einwohnerkartei, Levenbach, Meyer und Sabine. 

[8]   "Coburger Zeitung" vom 01.05.1904. 

[9]   Peter Morsbach / Otto Titz, Stadt Coburg. Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Denkmäler, München 2006 (= Denkmäler in Bayern IV.48), S. 320. 

[10]  Ernst Cyriaci, Die Häusergeschichte der Stadt Coburg bis 1937, Coburg 1948, o. S.

[11]  "Coburger Zeitung" vom 22.07.1910; Siehe auch: "Coburger Zeitung" vom 30.04.1914; Siehe auch: Hubert Fromm, Die Coburger Juden. Geschichte und Schicksal, Coburg ²2001,.S. 102. 

[12]  "Coburger Zeitung" vom 04.05.1913. 

[13]  "Coburger Zeitung" vom 30.09.1917. 

[14]  "Coburger Zeitung" vom 16.03.1923. 

[15]  "Coburger Zeitung" vom 04.07.1928. 

[16]  Eva Karl, Coburg voran!“ Mechanismen der Macht – Herrschen und Leben in der „ersten nationalsozialistischen Stadt Deutschlands“, Regensburg 2025, S. 39-172.

[17]  "Coburger Zeitung" vom 23.05.1921. 

[18]  Stadtarchiv Coburg, A 8521,2, fol. 112; Siehe auch: Staatsarchiv Coburg, StAnw 906, fol. 66. 

[19]  Staatsarchiv Coburg, StAnw 906, fol. 66. 

[20]  Fromm, Coburger Juden, S. 102.

[21]  Staatsarchiv Coburg, StAnw 906, fol. 66. 

[22]  "Coburger National-Zeitung" vom 31.03.1933.

[23]  "Coburger Zeitung" vom 14.10.1926. 

[24]  Staatsarchiv Coburg, Finanzamt Coburg 240, unfol. 

[25]  Stadtarchiv Coburg: A 10396 fol.31f./35; Siehe auch: Karl: „Coburg voran!“, S.586f.

[26]  Staatsarchiv Coburg, Finanzamt Coburg, 240, unfol.; Siehe auch: Karl, Coburg voran, S. 778. 

[27]  Fromm: Coburger Juden, S. 94-97.

[28]  Die Beschreibung dieses Ereignisses bei Fromm, S. 95ff.

[29]  Stadtarchiv Coburg, A 10.136, fol. 33-37, 64. 

[30]  Fromm, Coburger Juden, S. 123. 

[31]  Fromm, Coburger Juden, S. 130f.

[32]  Joseph Walk (Hrsg.), Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat, Heidelberg ²1996, S. 353, 355.

[33]  Fromm, S. 130f.; Siehe auch: Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich. Nürnberg – Würzburg nach Riga. Abfahrtsdatum 29.11.41, Deportierte 1010 (https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_bay_411129.html (Öffnet in einem neuen Tab)), aufgerufen 12.07.2024.

[34]  Ekkehard Hübschmann, Die Deportation von Juden aus Franken nach Riga, in: Frankenland. Zeitschrift für Fränkische Landeskunde und Kulturpflege 56 (2004), S. 344. 

[35]  Andrej Angrick / Peter Klein, Die „Endlösung“ in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941-1944, Darmstadt 2006, S. 217, 220; Siehe auch: Wolfgang Scheffler, Das Schicksal der in die baltischen Staaten deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden 1941-1945. Ein historischer Überblick, Bd. 1, München 2003, S. 10.

[36]  Staatsarchiv Coburg, Finanzamt Coburg 248.

[37]  Stadtarchiv Coburg, Einwohnermeldekartei, Levenbach, Meyer und Sabine.

Patenschaft

Die Patenschaft über den Stolperstein von Meyer Levenbach haben In und Jürgen Kara übernommen.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Stadt Coburg
  • Städtische Sammlungen Coburg, Inv.-Nr. 13884,5.
  • Coburger Zeitung vom 22.04.1925
  • Hans Eckerlein
  • Stadtarchiv Coburg
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