„Das Allermeiste konnten wir schon zurückgeben“, beruhigt Stadtheimatpfleger Dr. Christian Boseckert. Über 50 Gegenstände waren nach dem 2. Weltkrieg in den Städtischen Sammlungen gelistet, die als NS-Raubgut galten. Gemälde, Schmuck, Möbel, Statuen und vieles mehr hatten die Nazis „arisiert“ – eine verharmlosende Beschreibung für den Raub an der jüdischen Bevölkerung Coburgs. Auf den Stelen des Erinnerungswegs und in den Lebensläufen zu den Coburger Stolpersteinen der immer gleiche Ablauf zu lesen. Erst wurde gesellschaftlicher Druck auf jüdische Familien ausgeübt, es folgten staatliche Übergriffe, Flucht, Vertreibung oder Deportation. Das zurückgelassene Hab und Gut wurde dem Deutschen Reich zugeschrieben. Was sich weder der Staat noch Privatleute unter den Nagel gerissen hatten, landete am Ende meist in den Städtischen Sammlungen. Meist waren es Gemälde und Möbel.
Nach Kriegsende seien Opfer, deren Nachkommen oder Organisationen auf die Stadt zugekommen und hätten die Rückgabe ihres Eigentums gefordert. In sogenannten Wiedergutmachungsverfahren wurde darüber entscheiden. „Viele dieser Gegenstände sind ordnungsgemäß inventarisiert worden, meist mit Angabe der Vorbesitzer. Das hat die schnelle Rückgabe ermöglicht“, berichtet Boseckert. Im Eingangsbuch der Sammlungen sind insgesamt 52 Gegenstände mit jüdischen Vorbesitzerinnen oder Besitzern aufgeführt. Schon in den 60er Jahren war das aller meiste zurückgegeben worden.
Jetzt - 80 Jahre nach Kriegsende - sind nur noch eine Ikonenmalerei, ein Heiligenbild auf Blech und ein Glasbecher im Biedermeierstil mit Darstellungen Dresdener Gebäude in den Städtischen Sammlungen. „Bei diesen Gegenständen waren keine Vorbesitzer aufgeführt. Es gibt auch sonst keinerlei Hinweise auf diese Personen“, erklärt Boseckert. Daher befänden sich die Gegenstände noch heute im städtischen Besitz.
Coburg ist mit diesem Problem aber nicht allein. Auf internationaler Ebene haben sich 44 Staaten und weitere NGOs in der „Washingtoner Erklärung“ 1998 auf einen Rückgabeprozess verständigt. Dieser sieht vor, dass Erben ihre Ansprüche bei einem internationalen Schiedsgericht gelten machen können. Dieses entscheidet unabhängig. Voraussetzung ist, dass die Stadt Coburg ein sogenanntes „stehendes Angebot“ abgibt, die Gegenstände ihren rechtmäßigen Erben zu übergeben. Im November hat der Stadtrat zu Coburg damit den Weg für die Rückgabe des letzten NS-Raubguts in städtischem Besitz frei gemacht.