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Stadt Coburg

Erinnerungskultur

14 Stationen gegen das Vergessen

Mit einem Festakt in Schloss Ehrenburg und der Enthüllung der ersten Stele in der Spitalgasse hat Coburg den neuen Erinnerungsweg eröffnet. 14 Stationen im Stadtgebiet machen das jüdische Leben und seine Vernichtung sichtbar.

Mit einem Festakt in Schloss Ehrenburg und der anschließenden Enthüllung der ersten Stele in der Spitalgasse hat die Stadt Coburg am Donnerstag den neuen Erinnerungsweg eingeweiht. Das Projekt umfasst 14 Stationen an authentischen Orten jüdischer Geschichte und dokumentiert das Leben, die Teilhabe, die Ausgrenzung und die Vernichtung jüdischer Bürger*innen Coburgs zwischen dem 19. Jahrhundert und 1942.

„Es ist kein Tag reiner Freude“, sagte Oberbürgermeister Dominik Sauerteig. „Viel lieber wäre es uns, wenn es die Anlässe zu dieser Zusammenkunft nie gegeben hätte.“ Er wandte sich besonders an die angereisten Nachfahren jüdischer Familien aus Israel, den USA und weiteren Ländern: „Es ist nicht selbstverständlich, dass Sie zurückkehren an den Ort, aus dem Ihre Familien auf zutiefst inhumane Art vertrieben wurden. Und doch weiß ich, dass Sie lange auf diesen Tag gewartet haben.“

Der Erinnerungsweg führt an Orte, die in der Stadtgeschichte oft übersehen werden: an ehemalige Wohnhäuser, Geschäfte, Schulen, die ehemalige Synagoge. Jede Stele erzählt ein Kapitel – von den ersten Bürgerrechten für jüdische Coburger im Jahr 1850 über die Blütezeit des Gemeindelebens bis zu Entrechtung, Deportation und Ermordung. „Die Geschichte jüdischer Coburger lässt sich nicht auf einen einzigen Ort reduzieren“, so Sauerteig. „Darum ist dieser Weg ein Sinnbild für unsere Erinnerungskultur: Sie darf nicht stillstehen, sondern muss sich bewegen, durch Straßen, durch Zeiten, durch Generationen.“

Ludwig Spaenle, Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus der Bayerischen Staatsregierung, erinnerte daran, dass die Täter keine anonymen Gestalten waren: „Das waren Nachbarn, Bekannte, Kollegen.“ Die Shoah habe nicht irgendwo weit weg stattgefunden, sondern mitten in den Städten und Gemeinden. „Erinnern heißt auch, Fehler nicht zu wiederholen – und wachsam zu bleiben.“

Für die angereisten Nachfahren war die Einweihung ein bewegender Moment. Jeffrey Kraus, Enkel der Coburger Familie Forchheimer, erinnerte daran, dass schon 1988 ein Gedenkort gefordert worden war - ohne Erfolg. „Heute wird dieser Wunsch erfüllt. Nicht mit einer einzelnen Tafel, sondern mit einem ganzen Weg, der das jüdische Leben dieser Stadt erzählt“, sagte Kraus. „Er ist ein Auftrag, Hass in allen Formen zu widerstehen. Never forget – and never again.“

Stadtheimatpfleger Christian Boseckert zeichnete den langen Weg zu diesem Tag nach: jahrzehntelanges Schweigen, erste Forschungsarbeiten in den 1980er-Jahren, die Verlegung der ersten Stolpersteine ab 2009, schließlich der Stadtratsbeschluss 2023. „Der Erinnerungsweg ist ein topografisches Gedächtnis“, sagte er. „Er macht sichtbar, was lange unsichtbar war. Und er lädt dazu ein, die Stadt mit anderen Augen zu sehen.“

Nach dem Festakt zogen die Gäste gemeinsam durch die Innenstadt zur Spitalgasse. Dort wurde die erste Stele feierlich enthüllt. Sie ist eine von vierzehn Stationen, die nun im Stadtbild präsent sind. Jede einzelne markiert einen Ort, an dem jüdische Bürger lebten, arbeiteten, beteten – und von dem sie vertrieben wurden.

„Coburg erinnert sich, Coburg erkennt an - und Coburg sagt heute mit fester Stimme: Nie wieder“, so Sauerteig abschließend. Mit dem Erinnerungsweg ist dieser Satz nun nicht nur gesprochen, sondern auch sichtbar geworden, inmitten der Straßen und Plätze der Stadt.

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Bildnachweise

  • Stadt Coburg/Constantin Hirsch