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Stadt Coburg

Berühmte Coburger

Anna Bernhardine Eckstein

* 14. Juni 1868
† 16. Oktober 1947 

In einer Zeit, in welchem ein übersteigender Nationalismus zu unzähligen Kriegen führte, hatte sie nur eine Botschaft: Frieden! Die Rede ist von der Pazifistin und Lehrerin Anna Bernhardine Eckstein, die am 14. Juni 1868 als Tochter eines Portiers und Telegrafisten in Coburg zur Welt kam.

Nach dem Besuch der Mädchenschule ging die sprachbegabte junge Frau 1884 nach New York. Dort war sie zunächst als Kindermädchen, später als Erzieherin tätig. Daneben verfolgte Eckstein das Ziel, Lehrerin zu werden und begann eine dementsprechende Ausbildung. 1894 zog sie nach Boston und erteilte an der Modern School of Languages and Literature Sprachunterricht. Drei Jahre später konnte sie die Privatschule käuflich erwerben. Sie übernahm damit auch die Schulleitung.

Mit der amerikanischen Friedensbewegung kam sie 1998 in Kontakt, nachdem sie zuvor Bertha von Suttners "Die Waffen nieder" gelesen hatte und das Leid der Gefangenen aus dem amerikanisch-spanischen Krieg, die Bosten vor dem Hafen in Quarantäne lagen, nicht ertragen konnte - so laut waren deren Klagen und Schreie. Mit Bertha von Suttner unterhielt sie ab diesem Zeitpunkt eine Korrespondenz, mehrfach trafen sie sich auch.

Von den Ergebnissen der Ersten Haager Friedenskonferenz von 1899 enttäuscht, trat sie in die in Boston ansässige und heute noch bestehende American Peace Society ein. Ab diesem Zeitpunkt setzte sich Eckstein aktiv für den Weltfrieden ein. Ihre unermüdliche Arbeit machte sie 1905 zur Vizepräsidentin der Amerikanischen Friedensgesellschaft. Sie begann damit, Vortragsabende zu organisieren und Vorschläge für eine zukünftige Friedensordnung zu publizieren. Im Vorfeld der Zweiten Haager Friedenskonferenz von 1907 forderte sie beispielsweise in einer kurzen Abhandlung ein „Generelles Schiedsverfahren“ bei internationalen Konflikten. Sie sammelte auch über eine Millionen Unterschriften für den Frieden, die sie dem Vorsitzenden der Friedenskonferenz überreichte.

Von den Ergebnissen dieser zweiten Konferenz zeigte sich Eckstein erneut enttäuscht. Sie organisierte daher auf eigene Kosten eine „Weltpetition zur Verhütung des Krieges zwischen den Staaten“. Mit dieser Petition wollte sie das Problem des völkerrechtlichen Schutzes nationaler Lebensinteressen und deren Definition auf breiter Ebene diskutieren. Daneben sollte die Petition als Grundlage für eine Art Volksvertretung auf der Dritten Haager Friedenskonferenz dienen. Der Wille der Unterzeichneten sollte bei den Beratungen und Beschlüssen eine wesentliche Rolle spielen. Zu dieser Friedenskonferenz kam es aber wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges 1914 nicht mehr. Eckstein warb bis zum Kriegsausbruch massiv für ihre Friedensvorschläge. Sie hielt zahlreiche Vorträge in den USA, Kanada und Europa. Bei ihren Vorträgen trug sie meist ein weißes Friedenskleid.

In ihrer Tätigkeit als Friedensaktivistin kam sie mit zahlreichen Gleichgesinnten in Kontakt. Sie hielt gute Beziehungen zu Bertha von Suttner, Ludwig Quidde oder Alfred Hermann Fried, die allesamt den Friedensnobelpreis erhielten. Eckstein selbst war 1913 für den Friedensnobelpreis nominiert. Sie war damit zwischen 1901 und 1918 die einzige Deutsche, die für einen Nobelpreis vorgeschlagen wurde.

1909 kehrte Eckstein wieder nach Coburg zurück. Dort erlebte sie den 1. Weltkrieg. In dieser Zeit war sie vor allem publizistisch tätig. Ihre Friedensvorstellungen stießen in Deutschland, vor allem in der Vestestadt auf Kritik. Die stark konservativ und national eingestellte Stadtgesellschaft konnte mit den Friedensvorstellungen Ecksteins nichts anfangen. Das hielt sie aber nicht davon ab, sich auch in Coburg für den Frieden einzusetzen. Sie begrüßte die Idee des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, einen Völkerbund zu gründen, der sich 1920 als Vorläufer der Vereinten Nationen konstituierte. Sie selbst arbeitete in der Deutschen Liga für den Völkerbund mit und gründete in Coburg eine Ortsgruppe, die sich für die Völkerbund-Idee einsetzte.

Politisch stand sie der liberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) nahe. Den aufkommenden Nationalsozialismus lehnte sie ab. Ihre Friedensvorstellungen standen konträr zu dem Drang Adolf Hitlers mit militärischen Mitteln, „Lebensraum“ für die deutsche Bevölkerung zu schaffen. Ecksteins Schriften wurden daher 1933 verboten. An eine publizistische Tätigkeit war nicht mehr zu denken. Auch als Friedensaktivistin trat sie nicht mehr in Erscheinung.

Anna Bernhardine Eckstein starb am 16. Oktober 1947 mittellos in ihrer Wohnung am Schillerplatz Nr. 4 in Coburg. Ihre Rente aus dem Erlös der Schule war ab Dezember 1941 nicht mehr ausbezahlt worden. Sie hatte noch das Ende des Zweiten Weltkrieges, die Auflösung des Völkerbundes zugunsten der Vereinten Nationen und den sich abzeichnenden Beginn des „Kalten Krieges“ erleben müssen. Am Ende ihres Lebens lag der Frieden in weiter Ferne.

Da Eckstein zeitlebens unverheiratet blieb, gingen ihre Unterlagen in Besitz der Swarthmore Peace Collection in Philadelphia über. In ihrer Heimat geriet sie lange in Vergessenheit. Erst 1982 wurde sie durch die Forschungen des Friedensmuseums Meeder für die Öffentlichkeit neu entdeckt. Die Stadt Coburg ehrte die Friedenskämpferin 1987 mit der Benennung einer Grünanlage nach ihr. Dort erinnert auch eine Gedenktafel an das Wirken Anna Bernhardine Ecksteins.

Im nahen Meeder trägt seit 2013 die dortige Grundschule den Namen Ecksteins. Dort ist auch das Friedensmuseum Meeder (Öffnet in einem neuen Tab) mit der Lernwerkstatt Frieden untergebracht.