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Während der Hochindustrialisierung Deutschlands (1871-1914) gründeten jüdische Kaufleute vermehrt eigene Firmen. Obgleich der Schwerpunkt dabei in der Textilindustrie lag, ging man In Coburg einen anderen Weg. Dort konzentrierten sich die jüdischen Fabrikanten ab 1872 vornehmlich auf die Herstellung von Korbwaren und -möbel. Eine Ausnahme bildete indes wiederum die Hut- und Mützenfabrik Ehrlich.
Sie wurde 1893 von Karl Ehrlich gegründet und stand seit 1906 unter der Leitung der Brüder Hermann (Öffnet in einem neuen Tab) und Sally Ehrlich (Öffnet in einem neuen Tab). Unter ihnen expandierte die Firma. Dabei entstanden Geschäftsverbindungen in ganz Süddeutschland. 1913 erwarben die Brüder das Haus Zinkenwehr 39 und errichteten 1914 auf dem Areal eine Lager- und Ausstellungshalle, die sogar schon über einen Warenaufzug verfügte. 1927/28 gaben die Ehrlichs die Fabrikation auf und betrieben fortan einen Großhandel von Hüten und Mützen.
Nach Hitlers Machtübernahme liefen die Geschäfte der Firma immer schlechter. Viele Kunden wandten sich ab. Die Ehrlichs versuchten daher ab 1937 als Handlungsreisende, neue Absatzmöglichkeiten zu finden. Dies scheiterte. Die Zahl der Beschäftigen sank bis 1938 auf drei Personen. Schließlich musste die Firma aufgrund der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom November 1938 schließen. Dieses Schicksal ereilte auch die anderen jüdischen Fabriken in Coburg, wenn sie nicht schon vorher unter dem wirtschaftlichen und politischen Druck aufgegeben worden waren.
Im Zuge der Reichspogromnacht (9./10. November 1938) wurde Hermann Ehrlich verhaftet und gezwungen, sein Haus zu verkaufen. Nach seiner Freilassung flüchtete er mit seiner Familie 1939 in die USA. Sally Ehrlich blieb in Coburg. 1942 wurde er deportiert und wohl im Ghetto Krasniczyn bei Lublin ermordet. Offiziell war er, da er die Reichsgrenze, wenn auch erzwungenermaßen, überschritten hatte, laut Melderegister, „ausgewandert“.
Nächste Station
Jacob von Mayer, jüdischer Getreidehändler und Bankier, stieg im 19. Jahrhundert zum Freiherrn auf. Als Unternehmer, Wohltäter und Kommunalpolitiker prägte er das Coburger Wirtschafts- und Sozialleben.
Über den Erinnerungsweg
Der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Coburg“ erinnert in 14 Stationen an die jüdische Gemeinde Coburgs. Die Stationen erstrecken sich von der Integration in die Coburger Stadtgesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zur Vernichtung nach der frühen Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Coburgerinnen und Coburger jüdischen Glaubens waren viele Jahrzehnte Teil der Stadtgemeinschaft. Durch den Nationalsozialismus wurden die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder in Coburg ausgelöscht. Sie mussten fliehen oder wurden ermordet. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an ihr Wirken und ihr Leiden in der Stadt Coburg lebendig zu erhalten.
Der Stadtrat der Stadt Coburg hat daher 2023 beschlossen, mit einem Erinnerungsweg dem jüdischen Leben in Coburg zu gedenken. Der Erinnerungsweg wurde am 31. Juli 2025 feierlich eingeweiht.