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Die Coburger Juden erlebten im 19. Jahrhundert einen bedeutenden sozialen Aufstieg. Einem gelang sogar die Erhebung in den Adelsstand: der Bankier und Getreidehändler Jacob von Mayer.
Der 1832 geborene Mayer betrieb zunächst einen Hausierhandel für Samen und Getreide, bevor er sich 1857 in Coburg niederließ. Dort florierte das Geschäft mit Getreide und so konnte er 1862 das Bürgerrecht erlangen. 1868 erwarb er sein erstes Geschäftshaus. Nach 1873 expandierte sein Unternehmen, so dass die bisherigen Geschäftsräume nicht mehr ausreichten. Mayer kaufte daher ein unbebautes Grundstück an der Judengasse, wo er 1881 einen Getreidespeicher (Nr. 41), ein Geschäftshaus (Nr. 43-45) und Pferdestallungen errichten ließ. In Frankfurt am Main, im schlesischen Teschen und in Schweinfurt gründete er Filialen.
Als Zeichen der Anerkennung für seine Arbeit verlieh ihm der Coburger Herzog Ernst II. zahlreiche Auszeichnungen. Der Fürst erhob ihn 1889 in den Freiherrenstand. Dieser Akt führte in Ernsts Umfeld zu antisemitischer Kritik, gegen die der Herzog jedoch erfolgreich vorzugehen wusste. 1891 erreichte Mayer den Höhepunkt seines sozialen Aufstiegs mit dem Kauf des Schlosses Ketschendorf.
Mayer setzte sich auch politisch für das Allgemeinwohl ein. 1899 wurde er als erste Jude in den städtischen Magistrat gewählt. Er war Mitbegründer und dann Mitglied der 1896 ins Leben gerufenen Industrie- und Handelskammer. Im Besonderen bemühte er sich um eine gute Verkehrsanbindung Coburgs und forderte nachdrücklich, wenn auch vergeblich den Bau einer Bahnstrecke von Coburg nach Erfurt. Sozial eingestellt, spendete er zudem hohe Geldbeträge für die Versorgung alter und kranker Menschen.
1901 starb Mayer im Alter von 68 Jahren. Seine Erben gaben danach die Firma auf und verließen Coburg. Ein Teil seines Vermögens kam karikativen Einrichtungen zu gute. Daran erinnert heute noch eine Tafel im Rathaus und eine Straße in Ketschendorf.
Nächste Station
Bereits im Mittelalter bestand in Coburg eine jüdische Gemeinde mit Synagoge und Friedhof. Nach ihrer Vertreibung im 15. Jahrhundert verschwand jüdisches Leben für lange Zeit aus der Stadt.
Über den Erinnerungsweg
Der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Coburg“ erinnert in 14 Stationen an die jüdische Gemeinde Coburgs. Die Stationen erstrecken sich von der Integration in die Coburger Stadtgesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zur Vernichtung nach der frühen Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Coburgerinnen und Coburger jüdischen Glaubens waren viele Jahrzehnte Teil der Stadtgemeinschaft. Durch den Nationalsozialismus wurden die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder in Coburg ausgelöscht. Sie mussten fliehen oder wurden ermordet. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an ihr Wirken und ihr Leiden in der Stadt Coburg lebendig zu erhalten.
Der Stadtrat der Stadt Coburg hat daher 2023 beschlossen, mit einem Erinnerungsweg dem jüdischen Leben in Coburg zu gedenken. Der Erinnerungsweg wurde am 31. Juli 2025 feierlich eingeweiht.