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Biographie
Edith Katz kam am 27. Dezember 1911 in Hildburghausen zur Welt.[1] Ihr Vater Albert Abraham Katz wurde am 12. April 1878 in Silixen, einem Ort im Fürstentum Lippe, ihre Mutter Jenny Katz, geb. Ehrlich (Öffnet in einem neuen Tab), am 18. August 1879 in Römhild (Herzogtum Meiningen) geboren. Edith Katz hatte einen Bruder:
- Werner Katz (geb. 29. Oktober 1910)
Edith Katz blieb Zeit ihres Lebens unverheiratet.
Leben in Meiningen
Edith Katz verzog im Alter von zwei Jahren gemeinsam mit ihrer Familie nach Meiningen. Die Residenzstadt verfügte seit 1866 über eine jüdische Kultusgemeinde.[2] In den 1870er Jahren wurde ein eigener jüdischer Friedhof angelegt, 1883 folgte der Bau einer Synagoge.[3] Seit 1871 war Meiningen Sitz des Landesrabbinates Sachsen-Meiningen.
Die Zahl der jüdischen Einwohner lag 1913 bei 359 und stieg bis 1925 auf rund 500 an.[4] Mitglieder der Gemeinde waren vor allem in kaufmännischen und freien Berufen tätig und beteiligten sich am wirtschaftlichen, industriellen und kulturellen Leben der Stadt. Bereits vor 1933 kam es auch in Meiningen zu antisemitischen Strömungen; die Gründung eines NSDAP-Ortsvereins im Jahr 1925 war ein Faktor, der das gesellschaftliche Klima für die jüdische Bevölkerung verschlechterte.[5] Zwischen 1925 und 1937 sank die Zahl der jüdischen Einwohner auf etwa 218, was unter anderem auf Auswanderung, wirtschaftliche Schwierigkeiten und politischen Druck zurückzuführen war.[6]
Edith Katz besuchte in Meiningen die Schule. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Verkäuferin und lebte bei ihrer Mutter, Jenny Katz.[7] Ihr Vater, Albert Katz, war im Februar 1919 an den Folgen einer Kriegsverletzung aus dem Ersten Weltkrieg verstorben.[8]
Ihr Bruder Werner Katz zog 1927 zu den Onkeln Sally (Öffnet in einem neuen Tab) und Hermann Ehrlich (Öffnet in einem neuen Tab) nach Coburg und war dort im jüdischen Warenhaus „Conitzer & Söhne“ beschäftigt.[9] 1932 schloss er sich der französischen Fremdenlegion an. Diese Entscheidung führte dazu, dass er sich während der Zeit des Nationalsozialismus nicht in Deutschland aufhielt. Werner Katz überlebte den Holocaust und erwarb 1948 die französische Staatsbürgerschaft.[10]
Umzug nach Coburg
Angesichts der zunehmenden Radikalisierung der nationalsozialistischen Rassenpolitik und der systematischen Ausgrenzung aus der sogenannten „Volksgemeinschaft“ fühlten sich viele Juden bedroht. Als Reaktion darauf suchten zahlreiche Betroffene Schutz bei Verwandten oder Angehörigen der Glaubensgemeinschaft. Auch Edith Katz entschloss sich, im Juli 1937 gemeinsam mit ihrer Mutter nach Coburg zu ziehen. Dort lebten sie im Haus ihrer Onkel Sally und Hermann Ehrlich im Zinkenwehr 39. Die beiden führten an diesem Standort eine Großhandlung für Hüte und Mützen.[11]
Flucht, Deportation und Ermordung
Edith Katz hielt sich nur kurze Zeit in Coburg auf. Angesichts der zunehmenden Repressionen gegen Jüdinnen und Juden im Zuge der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik emigrierte sie zu einem bisher nicht genau bekannten Zeitpunkt aus Deutschland nach Frankreich. Dort war sie von einer Abschiebung ins Deutsche Reich bedroht. Nach vorliegenden Hinweisen soll sie sich einen gefälschten niederländischen Pass beschafft haben, um dies zu verhindern.[12]
Anfang November 1938 wurde Edith Katz in Paris von den französischen Behörden festgenommen.[13] Über den genauen Anlass ihrer Inhaftierung liegen keine gesicherten Informationen vor. Mit ihrer Inhaftierung verband sich ein weiteres Schicksal. Um das notwendige Geld für ihre Freilassung zusammenzubekommen, bat der Freund von Edith Katz, ebenfalls ein aus Deutschland geflüchteter Jude, im April 1939 einen Bekannten um Geld. Darüber gerieten beide in Streit in dessen Verlauf der Freund seinen Bekannten tötete.[14]
Über den weiteren Verbleib von Edith Katz zwischen 1939 und 1940 gibt es derzeit keine archivalisch gesicherten Informationen. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Juni 1940 wurde sie jedoch in das Internierungslager Gurs überstellt.[15] Am 5. August 1942 gehörte sie zu einer Gruppe von über 1000 im Lager Internierten, die per Lastkraftwagen zum Bahnhof Oloron-Sainte-Marie gebracht wurden. Von dort aus erfolgte der Transport über das Sammel- und Durchgangslager Drancy ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.[16]
Der Transport (Nr. 17, Zug 901-12) erreichte Auschwitz am 12. August 1942. Laut den erhaltenen Transportunterlagen wurden 240 Personen zur Zwangsarbeit registriert, während 766 Deportierte unmittelbar nach der Ankunft ermordet wurden.[17] Ob Edith Katz zu den als Häftlinge registrierten Personen gehörte, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Fest steht, dass sie Auschwitz nicht überlebte.
Quellen- und Literaturverzeichnis
[1] Siegfried Wolf, Juden in Thüringen 1933-1945. Biographische Daten, Bd. 1, Erfurt ³2000, o. S.
[2] Klaus-Dieter Alicke, Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Meiningen (Thüringen), in: (https://www.xn--jdische-gemeinden-22b.de/index.php/gemeinden/m-o/1293-meiningen-thueringen (Öffnet in einem neuen Tab)), aufgerufen 17.05.2024.
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Ebd.
[6] Ebd.
[7] Adressbuch der Stadt Meiningen, Ausgabe 1934, S.51.
[8] Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten (Hrsg.): Die jüdischen Gefallenen des Deutschen Heeres, der Deutschen Marine und der Deutschen Schutztruppen 1914-1918. Ein Gedenkbuch, Berlin 1932, Inhaltsverzeichnis, Anm.2 (unpag.), S.412.
[9] Stadtarchiv Coburg, Einwohnerkartei, Katz, Werner.
[10] Werner Katz, in: Frankreich, Einbürgerungen (https://www.myheritage.de/research/collection-14015/frankreich-einburgerungen?itemId=1013275-&action=showRecord&recordTitle=Werner+KATZ (Öffnet in einem neuen Tab)), aufgerufen 18.05.2024.
[11] Stadtarchiv Coburg, Einwohnerkartei, Katz, Jenny; Siehe auch: National Archives and Records Administration (NARA) Washington, DC, Name Index of Jews Whose German Nationality Was Annulled by the Nazi Regime (Berlin Documents Center); Aufzeichnungsgruppe: 242, National Archives Collection of Foreign Records Seized, 1675-1958; Aufzeichnungsgruppe-ARC-ID: 569; Veröffentlichungsnum-mer: T355; Rolle: 5, Kapp, Moritz – Lewinsohn, Ludwig.
[12] "Le Matin" vom 06.11.1938; Siehe auch: "Le Temps" vom 07.11.1938; Siehe auch: "Nationale Rundschau", "Laupheimer Kurier" vom 10.11.1938; Siehe auch: "Police Magazine" vom 23.04.1939, S. 11.
[13] Ebd.
[14] "La Bourgogne Republicaine" vom 14.04.1939.
[15] Transport 17, Zug 901-12 von Gurs, Lager, Frankreich nach Auschwitz-Birkenau Vernichtungslager, Polen am 05.08.1942, in: Yad Vashem. The world holocaust remembrance center (https://collections.yadvashem.org/en/deportations/5092588 (Öffnet in einem neuen Tab)), aufgerufen 18.05.2024.
[16] Ebd.
[17] Transport 10.08.1942 Drancy, in: http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/bericht-transport/transport-10081942-drancy.html (Öffnet in einem neuen Tab), aufgerufen 18.05.2024.
Patenschaft
Die Patenschaft über den Stolperstein von Edith Katz hat die Rudolf-Steiner-Schule Coburg übernommen.
