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Seit 1556 durften in Coburg keine Juden mehr leben. Dies änderte sich 1805. Damals wandte sich der am Hofe für die Beschaffung gehobenerer Waren tätige Kaufmann (Hoffaktor) Levy Simon an Herzog Franz Friedrich Anton mit der Bitte, dass sich seine Söhne in Coburg niederlassen dürfen. Beide besaßen einen Hausierhandel, der sie oft in die Vestestadt führte. Nach einjährigen Verhandlungen gestattete der Herzog die Ansiedlung. Dafür mussten die Brüder ein jährliches Schutzgeld in die herzogliche Kasse zahlen, einen deutschen Namen annehmen und ihre Bärte entfernen. Die Simons erhielten dafür das Recht der freien Berufswahl und die Religionsfreiheit. Sie durften daher in ihrem Wohnhaus eine eigene Betstube einrichten.
Die Stadt Coburg lehnte hingegen die Aufnahme ab und verwies auf das Siedlungsverbot von 1556. Auch die Zünfte stellten sich gegen die Simons. Sie sahen in ihnen eine unerwünschte Konkurrenz. Stadt und Zünfte machten daher in den folgenden Jahrzehnten den Aufenthalt für die Familie so unangenehm wie möglich. So konnten die Simons das Recht der freien Berufswahl nicht durchsetzen, da sich keine Zunft bereit erklärte, jüdische Handwerker auszubilden. Die Tätigkeit der Familie blieb daher auf den Handel beschränkt.
Trotz der städtischen Schikanen, die bis etwa 1850 andauerten, gelang der Familie Simon der wirtschaftliche Aufstieg. Ab 1810 führten sie hier im Haus Herrngasse 4 ein Textilwarengeschäft wie auch ein Bankhaus, das im Laufe der Jahre wuchs. Zum Hauptkunden avancierte das Hoftheater, welches vor allem Kleidung und Dekorationsutensilien bezog. 1849 erhielt die Familie das Recht, ihre Angehörigen auf einem eigenen Friedhof außerhalb von Coburg zu bestatten.
Mit dem Konkurs ihrer Firma endete 1891 der Aufstieg der Familie. Anschließend vermochten die Simons ihre frühere wirtschaftliche Position nicht mehr zu erreichen. Viele Familienangehörige hatten schon vor dieser Zäsur Coburg verlassen und suchten in Paris oder London ihr berufliches Glück. Der Coburger Familienstamm wurde dadurch immer kleiner. Während der NS-Zeit spielte er keine Rolle mehr.
Über den Erinnerungsweg
Der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Coburg“ erinnert in 14 Stationen an die jüdische Gemeinde Coburgs. Die Stationen erstrecken sich von der Integration in die Coburger Stadtgesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zur Vernichtung nach der frühen Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Coburgerinnen und Coburger jüdischen Glaubens waren viele Jahrzehnte Teil der Stadtgemeinschaft. Durch den Nationalsozialismus wurden die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder in Coburg ausgelöscht. Sie mussten fliehen oder wurden ermordet. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an ihr Wirken und ihr Leiden in der Stadt Coburg lebendig zu erhalten.
Der Stadtrat der Stadt Coburg hat daher 2023 beschlossen, mit einem Erinnerungsweg dem jüdischen Leben in Coburg zu gedenken. Der Erinnerungsweg wurde am 31. Juli 2025 feierlich eingeweiht.