Warum ein Mobilitätskonzept?
Ausgangslage
In den vergangenen Jahren wurden für die Stadt und den Landkreis Coburg eine Vielzahl von Konzepten, Strategien oder Entwicklungsplänen zu einzelnen Mobilitätsformen erarbeitet, unter anderem:
- ÖPNV-Nahverkehrsplan für Stadt und Landkreis Coburg (2015) sowie dessen Fortschreibung (2025)
- Kommunales Elektromobilitätskonzept für Stadt und Landkreis Coburg (2019)
- Radverkehrskonzepte für Stadt und Landkreis (2022)
So bedeutsam und wichtig die einzelnen Konzepte für die jeweilige Mobilitätsform sind, fehlte dennoch ein gesamtheitliches Konzept zur nachhaltigen Entwicklung der Mobilität im Landkreis Coburg.
Zielsetzung
Das Mobilitätskonzept dient den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung als strategisches Instrument zur Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität im Landkreis. Im Konzept werden verschiedene Handlungsfelder aus dem breiten Themenbereich der Mobilität beschrieben, die es bei einer ganzheitlichen Mobilitätsbetrachtung zu berücksichtigen gilt.
Mithilfe des Mobilitätskonzepts soll die Verknüpfung verschiedener Mobilitätsformen untereinander optimiert und somit die Multi- und Intermodalität der Bevölkerung im Personenverkehr gefördert werden. Gleiches gilt in entsprechender Weise für den Waren- und Güterverkehr sowie für den Daten- und Wissensaustausch, der insbesondere auch in den Dienstleistungsbereichen der heimischen Wirtschaft eine wichtige Rolle spielt. Das Aufdecken von Entwicklungspotenzialen im regionalen Verkehrssystem ermöglicht zudem die Einbettung neuer, digitaler Mobilitätsformen und Mobilitätsangebote in die Region. Das Mobilitätskonzept zeigt hierfür den Bedarf und die Notwendigkeit von innovativen Mobilitätslösungen für die regionale Landkreismobilität.
Was steht im Mobilitätskonzept?
Inhaltsübersicht
- Analyse der Verkehrs- und Mobilitätsbedingungen in Stadt und Landkreis Coburg (u.a. verkehrliche und räumliche Strukturen, Zielvorgaben in Bezug auf Verkehr und Mobilität, vorhandene Mobilitätsangebote, Sichtung bestehender Konzepte mit Mobilitätsbezug, etc.)
- Durchgeführte Beteiligungsprozesse während der Konzepterstellung:
- Kommunale Datenabfrage bei den Landkreiskommunen
- Workshops mit Schulen, Politik und Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern
- Unternehmensbefragung der Wirtschaftsunternehmen aus Stadt und Landkreis Coburg
- Kreisweite Mobilitätsbefragung der Bürgerinnen und Bürger
- Definition von Mobilitätsbedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen (Kinder und Jugendliche, Berufspendler, Seniorinnen und Senioren, mobilitätseingeschränkte Personen, Touristen)
- SWOT-Analyse (Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse) für die fünf Themenfelder Nahmobilität, ÖPNV/SPNV, Kfz-Verkehr, Intermodalität und Sharing, Allgemeine Rahmenbedingungen.
- Szenarienbetrachtung: Die Verlagerungspotenziale des Modal Splits für den Landkreis Coburg bis 2035 wurden in drei Szenarien (Referenzszenario, Maximalszenario und Realszenario) dargestellt.
- Mobilitätsstrategie: Die Mobilitätsstrategie besteht aus 7 Handlungsfeldern (Erreichbarkeit, Fuß- und Radverkehr, Öffentlicher Personenverkehr, Motorisierter Individualverkehr, Multi- und Intermodalität, Mobilitätsmanagement, Kooperative Zusammenarbeit) und dient als Leitfaden für die strategische Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität im Landkreis Coburg in den nächsten zehn Jahren.
- Handlungskonzept: Erstellung eines Maßnahmenkataloges mit 35 Maßnahmenansätzen. Der Maßnahmenkatalog ist als maßnahmenorientierte Konkretisierung der Mobilitätsstrategie zu verstehen und orientiert sich an den sieben Handlungsfeldern der Mobilitätsstrategie. Für jede einzelne Maßnahme wurde ein Maßnahmensteckbrief erstellt.
- Verstetigung und Evaluierung: Zur Gewährleistung des anvisierten Erfolgs des Mobilitätskonzepts sind nach Aufstellung des Konzepts eine Verstetigung der Arbeiten sowie eine Umsetzung mit einer kontinuierlichen Evaluierung des Umsetzungsstands und der erzielten Wirkungen erforderlich. Hierfür wurden verwaltungsinterne Ansätze, die für eine vollumfängliche Umsetzung der Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept nötig sind, aufgezeigt sowie Möglichkeiten der Umsetzungsevaluierung skizziert.
Mobilitätsbefragung
Im Rahmen der Erstellung des Mobilitätskonzepts wurde im Zeitraum vom 11.03.2024 - 25.04.2024 eine kreisweite Befragung zum Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Coburg durchgeführt (schriftliche, telefonische und Online-Stichprobenbefragung). Es wurden Daten zu 2.177 Personen aus 928 Haushalten erhoben, die wichtige Erkenntnisse zum werktäglichen Verkehrsverhalten liefern.
Weiterführende Informationen und einen ausführlichen Schlussbericht zur durchgeführten Mobilitätsbefragung 2024 sind über die folgenden Links zu finden:
Mobilitätsstrategie 2035
Die Mobilitätsstrategie dient als Leitfaden für die strategische Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität im Landkreis Coburg in den nächsten zehn Jahren.
Die Mobilitätsstrategie für den Landkreis Coburg setzt sich aus einem Oberziel („Lebenswerter Landkreis Coburg für alle - nachhaltig, vernetzt, mobil"), sieben Handlungsfeldern und neun Leitsätzen zusammen:
- Erreichbarkeit – Die Erreichbarkeit aller wichtigen Ziele im Kreisgebiet wird gesichert und optimiert!
- Fuß- und Radverkehr – Der Anteil des Fuß- und Radverkehrs am kreisweiten Modal Split wird ausgebaut – insbesondere auf die kurzen Wege im Kreisgebiet!
- Öffentlicher Personenverkehr – Der Anteil des ÖV am kreisweiten Modal Split wird ausgebaut! Der ÖV wird barrierefrei ausgebaut!
- Motorisierter Individualverkehr – Der MIV wird durch den Ausbau der Elektromobilität klimafreundlicher gestaltet! Der MIV wird durch den Ausbau des Verkehrs(system)managements klimafreundlicher gestaltet!
- Multi- und Intermodalität – Durch die Förderung von Multi- und Intermodalität wird sich die Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes erhöhen!
- Mobilitätsmanagement – Das Mobilitätsmanagement wird im Landkreis aus- und ausgebaut!
- Kooperative Zusammenarbeit – Die nachhaltige Mobilität wird durch eine kooperative Zusammenarbeit in der Region optimiert!
Handlungskonzept und Einzelmaßnahmen
Das Handlungskonzept besteht aus einem Maßnahmenkatalog mit 35 Einzelmaßnahmen, dessen Inhalte nach den sieben Handlungsfeldern der Mobilitätsstrategie gegliedert sind. Der Maßnahmenkatalog ist als eine maßnahmenorientierte Konkretisierung der Mobilitätsstrategie zu verstehen.
| Handlungsfeld 1: Erreichbarkeit Zur Sicherung und Optimierung der Erreichbarkeit aller wichtigen Ziele im Kreisgebiet liegen insgesamt vier Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 1 | Umsetzung des kreisweiten Radverkehrskonzepts |
| 2 | Umsetzung der Inhalte der Leitsätze/ Maßnahmen der Fortschreibung NVP |
| 3 | Unterstützung bei Durchführung standortspezifischer Erreichbarkeitsanalysen (für alle Verkehrsmittel) und Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte für vorhandene und neue Gewerbestandorte |
| 4 | Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der Nahversorgung in ländlichen Bereichen |
| Handlungsfeld 2: Fuß- und Radverkehr Zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs und damit zur Erhöhung des Anteils am Modal Split liegen insgesamt sieben Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 1 | Umsetzung des kreisweiten Radverkehrskonzepts |
| 5 | Überprüfung des Bedarfs und der Qualität von Querungsstellen an Kreisstraßen (bei Bedarf dann Neubau bzw. Umbau) |
| 6 | Fortsetzung des interkommunalen runden Tisches „Radverkehr“ unter Einbeziehung der Themen für den Fußverkehr |
| 7 | Initiierung von regelmäßigen Austausch- und Abstimmungsgesprächen mit den Nachbarkreisen zu verkehrsrelevanten Themen |
| 8 | Unterstützung der kreisangehörigen Kommunen bei der Akquise von Fördermitteln zur Stärkung des Fuß- und Radverkehrs |
| 9 | Erhöhung der Verkehrssicherheit (v. a. für Fuß- und Radverkehr) - Vermeidung/Behebung von unfallauffälligen Bereichen, Intensivierung von Geschwindigkeitskontrollen und Parkraumkontrollen |
| 33 | Initiierung einer gemeinsamen Kampagne „Fahrradfreundliche Radregion Coburg“ |
| Handlungsfeld 3: Öffentlicher Personennahverkehr Zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und damit zur Erhöhung seines Anteils am Modal Split liegen insgesamt acht Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 2 | Umsetzung der Inhalte der Leitsätze/ Maßnahmen der Fortschreibung NVP |
| 10 | Initiierung von Mobilitätstrainings und Begleitservices, um die Nutzung des ÖPNV zu sichern |
| 11 | Prüfung der Möglichkeiten zur Ausweitung des bedarfsorientierten Angebots "Nacht-Anruf-Sammeltaxi" (Nacht-AST) |
| 12 | Verbesserung von Information, Kommunikation und ÖPNV-Marketing - analog und digital |
| 13 | Maßnahme zur Etablierung autonomer Shuttlebusse als ergänzendes ÖPNV-Angebot |
| 14 | Unterstützung der kreisangehörigen Kommunen bei der Priorisierung des barrierefreien Haltestellenausbaus |
| 15 | Erarbeitung von Maßnahmen zur Erleichterung der ÖPNV-Nutzung für körperlich eingeschränkten und sinneseingeschränkten Personen |
| 16 | Initiierung einer finanziellen Unterstützung der Kommunen beim Ausbau barrierefreier Haltestellen durch den Landkreis |
| Handlungsfeld 4: Motorisierter Individualverkehr Aufgrund der vorhandenen ländlich geprägten Raumstrukturen wird die Kfz-Nutzung, trotz der den Umweltverbund fördernden Maßnahmen, auch in Zukunft weiterhin seine Bedeutung im Landkreis Coburg haben. Vor diesem Hintergrund sollen die Maßnahmenansätze im Handlungsfeld „Motorisierter Individualverkehr“ sowohl der Stärkung der Förderung des Umweltverbunds als auch der Verstetigung des Verkehrsflusses des verbleibenden Kfz-Verkehrs dienen. Letzteres soll die Kfz-bedingten Emissionen und die daraus resultierenden Lärm- und Luftschadstoffbelastungen auf ein Minimum beschränken. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 17 | Umsetzung des kreisweiten Elektromobilitätskonzepts |
| 18 | Initiierung einer finanziellen Unterstützung für die Anschaffung von E-Fahrzeugen (z. B. Pedelecs, E-Lastenräder, E-Roller, E-Motorrädern) durch den Landkreis |
| 19 | Initiierung und Umsetzung eines Mobilitätsdashboard auf der Homepage der Mobilitätsregion Coburg mit aktuellen Informationen über Staus, Parkplätze, Busfahrpläne, Lade- und Leihstationen für E-Fahrzeuge |
| 20 | Nutzung von Floating Car Data in der Verkehrsplanung |
| Handlungsfeld 5: Multi- und Intermodalität Zur Förderung der Verkehrsmittelverknüpfung und damit zur Stärkung des Umweltverbunds liegen insgesamt drei Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 21 | Schaffung und Umsetzung eines modularen Bausteinsystems für Mobilstationen mit Corporated Design für die bedarfsgerechte Gestaltung in den Kommunen in Abstimmung mit den Vorgaben des Freistaats Bayern und des VGN |
| 22 | Beauftragung und Finanzierung einer Machbarkeitsstudie für ein kreisweites Fahrradverleihsystem für den Alltags- und Freizeitradverkehr (ggf. auch in Verbindung mit weiteren Sharing-Fahrzeugen) |
| 23 | Unterstützung VGN bei (Tiefen-)Integration aller verfügbaren regionalen Mobilitätsangebote (inkl. intermodalem Routing) in VGN-App |
| Handlungsfeld 6: Mobilitätsmanagement Zur nachhaltigen Gestaltung und Beeinflussung des Mobilitätsverhaltens über weiche Maßnahmen (Information, Kommunikation, Austausch) liegen insgesamt acht Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 24 | Durchführung von Impulsberatungen zum betrieblichem Mobilitätsmanagement in Unternehmen |
| 25 | Ausweitung und Bewerbung von Pedelec-Sicherheitstrainings für Senioren |
| 26 | Umsetzung von Aktionen zur Stärkung eines nachhaltigen Mobilitätsverhaltens an (weiterführenden) Schulen |
| 27 | Erstellung eines Leitfadens „Elterntaxi“ zur Reduzierung des Kfz-Aufkommens an Schulen (Adressat sind hier die Eltern) |
| 28 | Initiierung und Finanzierung einer kreisweiten Kommunikationskampagne zum Thema "nachhaltiger Mobilität" |
| 29 | Bewerbung der Mitfahrbörse |
| 30 | Fortbildung von einem oder mehreren Mitarbeitenden des Landkreis und ggf. der kreisangehörigen Kommunen zu dem Thema Mobilitätsmanagement (kommunal, betrieblich, schulisch, zielgruppenspezifisch) |
| 31 | Personalstelle "Mobilitätsmanagement" |
| Handlungsfeld 7: Kooperative Zusammenarbeit Zur Stärkung der Zusammenarbeit innerhalb des Landkreises sowie mit den benachbarten Landkreisen liegen insgesamt sechs Maßnahmenansätze vor. |
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| Maßnahmen Nr. | Maßnahmenansatz (Titel) |
| 6 | Fortsetzung des interkommunalen runden Tisches „Radverkehr“ unter Einbeziehung der Themen für den Fußverkehr |
| 7 | Initiierung von regelmäßigen Austausch- und Abstimmungsgesprächen mit den Nachbarkreisen zu verkehrsrelevanten Themen |
| 32 | Durchführung einer kreisweiten Mobilitätsbefragung sowie von Straßenverkehrszählungen in regelmäßigen Zeitabständen |
| 33 | Initiierung einer gemeinsamen Kampagne „Fahrradfreundliche Radregion Coburg“ |
| 34 | Durchführung von Mobilitätstagen in den kreisangehörigen Kommunen zur Förderung klimafreundlicher Mobilität |
| 35 | Ausweitung der ARGE ÖPNV zu ARGE Mobilität sowie der Zusammenarbeit bei der Maßnahmenplanung |
Zusammenfassung
Insgesamt zeigt sich, dass der Landkreis Coburg grundlegende Konzeptarbeit bereits durchgeführt hat bzw. an der Konzeptumsetzung arbeitet (u. a. Radverkehrskonzept, Elektromobilitätskonzept, Fortschreibung Nahverkehrsplan). Die Umsetzung der vorliegenden Einzelkonzepte gilt es im Rahmen der verfügbaren finanziellen Mittel weiter fortzusetzen. Außerdem ist die interkommunale Zusammenarbeit auszubauen sowie für eine gesellschaftliche Akzeptanz einer nachhaltigen Mobilitätskultur zu werben. Letzteres wird als zentrales Element verstanden und erfordert die aktive Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. Bezogen auf die Arbeit in der Kreisverwaltung sind vor allem themenübergreifende Ansätze des Mobilitätsmanagements zu integrieren sowie die bereits laufenden Konzeptumsetzungen fortzuführen.