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Stadt Coburg

Berühmte Coburger

Alfred, Herzog von Sachsen Coburg und Gotha

* 6. August 1844
† 30. Juli 1900

Er ist ein begeisterter Marineoffizier und hätte wahrscheinlich viel lieber den Titel „Admiral of the Fleet“ behalten, als Oberhaupt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha zu werden. Immerhin ist Alfred, Prinz von Großbritannien und Irland und Herzog von Edinburgh, ab 1893 nicht Oberkommandierender irgend einer Seestreitmacht, sondern der Royal Navy. Dazu qualifizieren ihn nicht nur seine nautischen Fähigkeiten, sondern auch die Tatsache, dass Queen Victoria und Prinzgemahl Albert seine Eltern sind. Ende des 19. Jahrhunderts kontrollieren die Briten den Welthandel und besitzen die mächtigste Kriegsflotte der damaligen Welt. Wer das Kommando über diese Armada führt, besitzt militärischen und politischen Einfluss.

Doch es kommt anders. Am 22. August 1893 stirbt Herzog Ernst II. in Reinhardsbrunn in der Nähe von Gotha. Da Ernst keine Nachkommen hinterlässt, die das Haus Sachsen-Coburg und Gotha weiterführen könnten, fällt der Titel des regierenden Herzogs an den nächsten Verwandten des Coburgers. Das ist Alfred Ernst Albert, genannte „Alfie“, der zweitgeborene Sohn der englischen Königin Victoria und ihres aus dem Hause Sachsen-Coburg stammenden Gatten Albert. 

„Alfie“ erblickt am 6. August 1844 in Windsor Castle das Licht der Welt und ist damit das einzige Kind des britischen Königspaares, das nicht im Buckingham Palace geboren wird. Wie sein älterer Bruder Edward, der spätere englische König Eduard VII., wächst auch Alfred in behüteter Umgebung auf und genießt eine gute Ausbildung. Alfred gilt als Liebling  seines Vaters Albert und wird als begabt, ausdauernd und lernwillig beschrieben.

Schon früh entdeckt der Herzog von Edinburgh seine Liebe zur Seefahrt. Im Oktober 1858 heuert er als Kadett auf der H.M.S. „Euryalus“ an und nimmt an einer Reise ins Mittelmeer teil. Es folgen Seereisen nach Südafrika (1860) und in die Karibik (1861). Im Dezember des gleichen Jahres stirbt Alfreds Vater, der Coburger Prinz Albert, in London. Zu diesem Zeitpunkt hält sich Alfred noch in der Karibik auf. 

Im Oktober 1862 wird dem zweitältesten Sohn von Queen Viktoria angeboten, sich zum König von Griechenland wählen zu lassen. Alfred lehnt aber ab und will lieber bei der Marine bleiben. 1863 legt er sein Leutnants-Examen ab, 1866 erhält Alfred das Kapitänspatent. Dazwischen ist er immer wieder auf See oder studiert an den Universitäten Edinburgh und Bonn (1863 - 1865). Mit der Flotte geht es mal ins Mittelmeer, mal bis nach Australien (1867). Dort trachtet ein gebürtiger Ire, Henry James O'Farrell,  dem Offizier aus gutem Hause nach dem Leben. Alfred überlebt das Attentat am 12. März 1868. Die Kugel, die O'Farrell abfeuert, verletzt nur seinen Rücken und das nicht besonders schwer. Schon einen Monat später kann Alfred sein Kommando auf der H.M.S. „Galatea“ wieder aufnehmen und die Reise fortsetzen.

In die Zeit, in der Alfred militärische Karriere bei der Royal Navy macht, fällt ein Besuch in Coburg, der den jungen Mann wohl an das erinnern soll, was vor ihm liegt. Er ist als Thronfolger für Ernst II. vorgesehen und benötigt einen Wohnsitz in der Vestestadt. Es werden aber weder Schloss Ehrenburg noch die Veste ausgewählt, sondern das Wangenheimsche Palais, das direkt neben dem Coburger Landestheater steht. Als Alfred später zum Duke of Edinburgh ernannt wird, erhält der repräsentative Bau den Namen „Palais Edinburg“. Heute residiert die IHK zu Coburg dort.

Zurück bei der Navy setzt Alfred seine Offizierslaufbahn unbeirrt fort und lernt auf zahlreichen Reisen die ganze Welt kennen: Neuseeland, die Fidischi-Inseln, Tahiti, Hawaii, Japan, China, Manila, Philippinen, Indien, Nepal, Kaschmir, Sri Lanka, Mauritius, Südafrika und Uruguay stehen zwischen 1869 und 1871 im Logbuch des Herzogs. In vielen Fällen ist Alfred der erste britische Royal, der seinen Fuß auf den Boden verschiedener britischer Kolonien setzt. Abgesehen von dem Vorfall in Australien, wird der englische Prinz mit deutschen Wurzeln überall begeistert empfangen. 

Am 11. Juli 1873 verlobt sich Alfred mit Maria Alexandrowa, der einzigen überlebenden Tochter des russischen Zaren Alexander II., in Jungheim an der Bergstraße. Dort hat der Onkel der Braut, Prinz Alexander von Hessen, seinen Wohnsitz. Die Verbindung wird sowohl von russischer wie von englischer Seite mit Argwohn beobachtet. Vor allem Queen Victoria gilt als Gegnerin der Beziehung. Sie hegt eine tiefe Abneigung gegenüber den    Romanows – nicht zuletzt aus der Erfahrung, die beide Länder während der Krimkriege miteinander gemacht haben. Am 23. Januar 1874 kann die Ehe zwischen Alfred und Maria Alexandrowa dann doch geschlossen werden. Allerdings nicht in London, sondern im Winterpalais von Sankt Petersburg. Es ist die einzige Hochzeit eines ihrer Kinder, an der die Queen nicht teilnimmt. Sie weigert sich strikt England zu verlassen.

Aus der Beziehung mit  Maria Alexandrowa gehen fünf Kinder hervor. Neben vier Mädchen, die später in den europäischen Hochadel einheiraten – die zweitgeborene Marie wird sogar Königin von Rumänien – ist nur ein männlicher Nachkomme darunter: Alfred (geboren 1874), der Erbprinz von Sachsen-Coburg werden soll.

Zum Zeitpunk von Alfreds Geburt spielt das kleine Herzogtum mitten in Deutschland für seinen Vater noch keine Rolle. Er strebt unaufhörlich hohe militärische Ämter an: 1878 Konteradmiral, 1882 Vizeadmiral, 1887 Admiral und schließlich am 3. Juni 1893 „Admiral of the Fleet“. Das ist der höchste Dienstgrad, den die Royal Navy zu bieten hat. Mit der Anzahl der Ärmelstreifen wachsen auch die Aufgaben für Alfred. 1876 übernimmt er ein Kommando im Mittelmeergeschwader auf Malta, wo auch seine zweite Tochter Victoria Melita geboren wird. 1878 leitet er die Besetzung Zyperns, 1883 erhält er das Kommando über das Kanalgeschwader, 1886 über die Mittelmeerflotte und 1893 wird er dann Oberbefehlshaber in Davenport. 

Kaum ist die Herzog von Edinburgh aus dem Höhepunkt seiner militärischen Laufbahn angekommen, muss er auf all das verzichten. Zweieinhalb Monate nach seiner Ernennung zum Großadmiral stirbt der Regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Ernst II.. Schon einen Tag später, am 23. August 1893, legt Alfred den Eid auf die Verfassung des sächsischen Doppelherzogtums ab. Seine Lebensmittelpunkt sind nun nicht mehr die Weltmeere, sondern das Coburger Land und der Thüringer Wald. Widerwillig tauscht er das weltoffene London gegen die spießige kleine Welt in der Mitte Deutschlands. „He found Coburg, deadly dull“, schreiben später die beiden Alfred-Biografen Jahn von der Kiste und Beo Jordaan – zu gut Deutsch: stink langweilig!

Als deutscher Herzog verliert der Sohn der Queen nicht nur seinen militärischen Rang in England, sondern muss auch seine Mitgliedschaft im britischen Oberhaus und im Geheimen Staatsrat niederlegen. Im Deutschen Reich kommt der gebürtige Engländer nicht wirklich an. Als Herrscher eines Kleinstaates hat er kaum Einfluss auf das Handeln seines Onkels, des Deutschen Kaiser Wilhelm II.. Außerdem verstehen sich die Verwandten weder persönlich noch politisch sonderlich gut. Dazu kommt noch, dass die deutsche Öffentlichkeit den englischen Prinzen argwöhnisch beäugt und seinen Regierungsantritt als Affront gegen das deutsche Nationalgefühl betrachtet. Erst mit den Jahren gelingt es Alfred sich zumindest bei seinen Untertanen Vertrauen und Ansehen zu erarbeiten. Dass er nur gebrochen Deutsch spricht, mag den Prozess nicht beschleunigt haben.  

Die Ehe mit der Zarentochter Maria Alexandrowa wird als nicht besonders glücklich beschrieben. Trotzdem hält sie 25 Jahre. Im Januar 1899 feiert das Paar seine Silberhochzeit. Es sollte ein verhängnisvoller Tag werden. Noch während der Feier unternimmt der Sohn von Alfred und  Maria Alexandrowa, Thronfolger Alfred, einen Selbstmordversuch an dessen Folgen er schließlich am 6. Februar 1899 stirbt. Von diesem Schicksalsschlag erholt sich der Coburger Herzog nicht mehr. Er macht seine Frau dafür verantwortlich und will die Scheidung. Außerdem soll er fortan dem Alkohol zugesprochen haben. Das verschlechtert seinen Gesundheitszustand, der bereits seit 1897 als kritisch gilt.  Ein gutes Jahr später, am 30. Juli 1900, stirbt Alfred im Kavaliershaus von Schloss Rosenau. Einen Tag später wird er im Herzoglichen Mausoleum in Coburg an der Seite seines Sohnes beigesetzt. Heute erinnert der Herzog-Alfred-Brunnen im Coburger Hofgarten an den zweiten Sohn von Queen Victoria.