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Stadt Coburg

Berühmte Coburger

Victoria und Albert

Das Traumpaar des 19. Jahrhunderts


Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha erblickt 1819 auf Schloss Rosenau bei Coburg das Licht der Welt. Schon im Kindesalter wird er von seiner Mutter getrennt, denn ihr Ehemann Herzog Ernst I. schiebt sie nach St. Wendel (heutiges Saarland) ab.

Nach einer strengen Erziehung unternimmt Albert Bildungsreisen an die Fürstenhöfe in Dresden und Berlin. Aber auch nach Wien, Paris und London zieht es ihn. Er studiert Komposition, Gesang und Orgel in Italien und schließt ein geisteswissenschaftliches Studium an der Universität Bonn ab.

Victoria wird 1819 - im gleichen Jahr wie ihr späterer Gatte - im Kensington Palast in London geboren. Sie ist Alberts Cousine und spricht die ersten drei Jahre ihres Lebens ausschließlich Deutsch. Ihre Mutter, eine geborene Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, schirmt das Mädchen ab, denn es zählt zu den potenziellen Thronerben. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr übernachtet Victoria im mütterlichen Schlafzimmer. Mit 13 Jahren lernt sie bei Rundreisen Land und Leute kennen. Ab diesem Zeitpunkt hält sie ihre Erlebnisse in einem Tagebuch fest. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist Reiten, als 16-Jährige übersteht sie eine Typhuserkrankung.

1837, kurz nach ihrem 18. Geburtstag, folgt Victoria ihrem Onkel William IV. auf den Thron von Großbritannien und Irland. Die Krönung ist nicht unumstritten, denn der alteingesessene britische Adel kreidet ihr die halbdeutsche Herkunft an. Bei ihrem ersten großen Empfang jedoch küssen 3.000 Personen der jungen Königin die Hand. Durch ihre positive Lebenseinstellung bringt sie die Kritiker zum Schweigen.

Verlobung und Heirat

Victorias Großmutter Auguste Caroline Sophie, Victorias Onkel Leopold und Baron Stockmar vermitteln die Verlobung von Victoria mit ihrem Cousin Albert. Die Hochzeit findet im Februar 1840 statt.

Harmonie und Liebe

Die Beziehung zwischen Victoria und Albert bildet eine bemerkenswerte Ausnahme in der adeligen Welt des 19. Jahrhunderts. Denn der Ehebund ist nicht allein einer allmächtigen Staatsräson geschuldet, die Prinzessinnen und Prinzen als Spielbälle der Politik behandelt. Vielmehr verbindet eine tiefe Zuneigung die jungen Eheleute und Victoria ist keineswegs so prüde, wie man sie später gerne darstellt.

Neun Kinder

Die Königin liebt ihren Albert und schenkt ihm 9 Kinder. Sie hasst aber alle mit der Schwangerschaft verbundenen Unannehmlichkeiten. Überkommt sie einer ihrer gefürchteten Gefühlsausbrüche, geht Albert ihr aus dem Weg. Zeitweise verkehren sie dann nur noch schriftlich miteinander. Bei der Geburt ihrer letzten Tochter verwendet sie Chloroform, eine für die damalige Zeit außergewöhnliche und viel beachtete Maßnahme.

Albert studiert britisches Staatsrecht und avanciert zum wichtigsten Berater und Sekretär der Königin. Er schreibt ihre Reden, engagiert sich stark in sozialen Belangen und wird offiziell zum Prinzgemahl ernannt. Er führt zwar nicht den Königstitel, aber da facto ist er wenige Jahre nach der Eheschließung König von Großbritannien. Er erfindet die Weltausstellung und entwirft Englands erste Arbeiterwohnungen mit Wasserleitung und Toilette.

Die erste große Auslandsreie des Paares führt sie nach Coburg, wo beide begeistert empfangen werden. Seit diesem Besuch bezeichnet Victoria Coburg und Schloss Rosenau als ihre zweite Heimat. Hier würde sie am liebsten leben, wäre sie nicht Königin von England.

Lebenslustige Victoria

Im Alltag ist Victoria die Aktivere. Sie tanzt gerne und liebt das Leben, während Albert nach dem Essen bisweilen einschläft und gesellschaftlichen Verpflichtungen nur ungern nachkommt. Die eheliche Treue der beiden aber gilt - im Gegensatz zu den bisherigen Gewohnheiten im Köngishaus - als eine Selbstverständlichkeit.

In der Bevölkerung trifft das Ehepaar nicht überall auf treue Unterwürfigkeit. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sind teilweise katastrophal. Der Unmut entlädt sich in mehreren Attentaten auf Victoria, die diese allerdings nahezu unverletzt übersteht.

Alberts Tod

1861 stirbt Albert im Alter von nur 42 Jahren - offiziell an Typhus, möglicherweise aber auch an Magenkrebs, nach neueren Theorie ggf. auch an Morbus Chron. Queen Victoria ist seelisch tief erschüttert. Sie vermisst nicht nur ihren treuen Mann, sondern auch den umsichtigen Berater, der ihr sagt, was sie tun soll. Sie zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Ihrem Sohn Eduard wirft sie vor, er trage wegen seiner sexuellen Eskapaden eine Mitschuld am Tod des Vaters. Aber auch sich selbst spricht sie nicht frei, weil sie sich für die unzulängliche ärztliche Behandlung ihres Gatten mitverantwortlich fühlt.

Um sein Andenken wachzuhalten, lässt sie weltweit in einem einmaligen Totenkult unzählige Albert-Denkmäler errichten - das erste in Coburg. Victoria reist mit ihren neun Kindern eigens in das Herzogtum, um das Monument persönlich einzuweihen. Es steht noch immer auf dem Coburger Marktplatz.

In London lässt sie als nationale Gedenkstätte das Albert-Memorial im Hydepark errichten. Direkt gegenüber entseht die Royal Albert Hall of Arts and Sciences - ein Prachtgebäude, das einem römischen Amphitheater nachemfpunden ist und 8.000 Personen Platz bietet. Eine über 4.000 Seiten umfassende, fünfbändige Biografie soll das Werk Alberts für alle Zeiten festhalten.

Leben als Witwe

Nach Ablauf des Trauerjahres lässt Victoria keinerlei Bestrebungen erkennen, ihre Aufgaben als Königin wieder in gewohntem Umfang wahrzunehmen. Das ruft die öffentliche Kritik auf den Plan. Ihr Diener John Brown, seit Alberts Tod stets an ihrer Seite, hilft ihr, den Schmerz zu überwinden. Die Boulevardpresse bauscht die enge Beziehung zum Skandal auf. Die Queen wird als "Mrs. Brown" geschmäht, das Ansehen der Monarchie sinkt auf einen Tiefpunkt.

Körperlich relativ klein, wird Victoria mit zunehmendem Alter immer korpulenter und wirkt behäbig. Rein äußerlich verkörpert sie das Gegenteil von dem was sie repräsentiert: eine unerschütterliche Weltmacht. Um ihr körperliches Manko zu kaschieren, lässt sie sich nur sitzend fotografieren - oder sie steht auf einem nicht sichtbaren Schemel, der sie größer wirken lässt.

Wirtschaftlicher und machtpolitischer Aufschwung einerseits - steife Etikette und prüde Moralvorstellungen andererseits. Je mehr Victorias reale Macht abnimmt, umso mehr gewinnt sie an persönlichem Prestige in der Welt. 1876 erhält Queen Viktoria den Kaisertitel von Indien.

Anlässlich der Heirat einer ihrer Enkelinnen mit dem Großherzog von Hessen ist sie 1894 ein letztes Mal in Coburg. Es ist der siebte Besuch in der Heimatstadt ihres Mannes und ihrer Mutter. Eine andere Enkelin verlobt sich während der Hochzeitsfeierlichkeiten mit dem russischen Thronfolger, dem späteren Zar Nikolaus II.

Großmutter Europas

Die Feiern gehen als das letzte große Familientreffen in die Geschichte ein - 20 Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Victoria gilt nun mit einiger Berechtigung als Großmutter Europas. Die Kinder und Enkel der Queen sitzen auf den Thronen von Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, Russland, Jugoslawien, Rumänien, Griechenland und Spanien sowie in den Häusern Sachsen-Coburg und Gotha, Hohenzollern, Hohenlohe-Langenburg und Leiningen. 1897 feiert Queen Victoria - umjubelt von ihrem Volk - ihr diamantenes Thronjubiläum.

Großes menschliches Leid ereilt die Königin zum Ende ihres Lebens: der Tod von Kindern, Enkelkindern und Freunden. Bereits 1878 hatte sie den Tod ihrer Tochter Alice ertragen müssen. Als ihr Sohn Alfred, regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Mitte 1900 stirbt, erwägt sie im Oktober 1900 einen Besuch in Coburg. Siemöchte seine Grabstätte, das Herzogliche Mausoleum auf dem Coburger Glockenberg besuchen. Doch dazu kommt es nicht mehr. Im Oktober stirbt ihr Lieblingsenkel, im November erfährt sie von der tödlichen Krankheit ihrer ältesten Tochter und Weihnachten stirbt ihre engste Vertraute. Drei Wochen später endet Victorias Tagebuch mit dem Eintrag vom 13. Januar 1901.

Ohne schweren Todeskampf schläft sie am 22. Janaur 1901 für immer ein. Zehntausende geben ihr das letzte Geleit. Auch für V ictoria werden nun weltweit Denkmäler errichtet. Städte, Straßen und Landschaften erhalten ihren Namen. 100 Jahre später zählen die Statistiker 9 Kinder, 41 Enkelkinder und 864 weitere Nachkommen. Was bleibt, ist nicht nur die Erinnerung an eine große Frau der Geschichte. In ihrer Regentschaft fallen weltweit 229 Kriege, Strafexpeditionen, Massaker und Feldzüge.

Ein neues Jahrhundert und seine Tragödien

Als Victoria 1901 starb, war gerade ein neues Jahrhundert angebrochen - es sollte ein Jahrhundert der menschlichen und politischen Tragödien werden. Ihre Enkel Nikolaus II. von Russland, König Georg V. von Großbritannien und der Deutsche Kaiser Wilhelm II. standen sich schon bald in einem verheerenden Krieg gegenüber. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges sah sich der englische König gezwungen, in Anbetracht der Feindschaft mit Deutschland das "Haus Sachsen-Coburg und Gotha" in Großbritannien in "Haus Windsor" umzubenennen.